Adriano Olivetti – Ein Gestalter der Zukunft

ADRIANO OLIVETTI

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Ein Gestalter der Zukunft

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Texte von

Fabrizio Fazioli, Valerio Castronovo, Mauro Leo Baranzini, Davide Cadeddu, Laura Olivetti.

Einführung von Carlo De Benedetti.

 

Ein Gestalter der Zukunft

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Adriano Olivetti

 

von Carlo De Benedetti*

 

 

 

 

Persönlich bin ich Adriano Olivetti nie begegnet, doch als ich im Frühjahr 1978 Hauptaktionär, Vizepräsident und Verwaltungsratsdelegierter von Olivetti wurde, konnte ich seinen Geist spüren – in meinem Büro, in den Fabriken und auch bei den leitenden Angestellten, die zu seiner Zeit bei Olivetti gearbeitet und ihn gekannt hatten.

 

Er war mehr als nur Nostalgie oder Erinnerung – er war gegenwärtig. Zweifellos agierte er in einer glücklichen Epoche, die den Aufschwung der westlichen und der japanischen Wirtschaft in den sechziger Jahren einleitete. Dank der ausserordentlichen Fähigkeiten zur Entwicklung und praktischen Umsetzung innovativer Konzepte, die sich damals in Ivrea konzentrierten, waren die Schreibmaschinen und elektromechanischen Rechenmaschinen, die er herstellte und vertrieb, praktisch konkurrenzlos und ermöglichten bis dato unvorstellbare Gewinnmargen: bei der Rechenmaschine “Divisumma” betrug die Bruttomarge beispielsweise fast 50%.

 

Die herausragende unternehmerische Fähigkeit von Adriano Olivetti bestand darin, dass er diese enormen Gewinne für die globale Expansion seines Unternehmens einsetzte und es zum ersten multinationalen Unternehmen Italiens machte, mit Produktionsstätten in Spanien, Mexiko, Brasilien und Argentinien und mit höchst effizienten Vertriebsstrukturen in praktisch allen Teilregionen der damaligen Wirtschaftswelt, von Japan bis in die Vereinigten Staaten, von Singapur bis Malaysia. Das lag zum grossen Teil daran, dass er seine Mitarbeiter selbst und mit grosser Sorgfalt auswählte. Auf diese Weise machte er das Unternehmen nicht nur zum ersten echten “Multi” Italiens, sondern verbreitete seine Management-Kultur auch in vielen anderen italieni- schen Grossunternehmen wie Fiat, Ifi und Alitalia.

 

Darüber hinaus besass er einen ausgeprägten Sinn für gesellschaftliche Utopien und ermutigte italienische Architekten, für seine Belegschaft ange- nehme, lichterfüllte “Lebensräume” zu gestalten. Er war ein grosser Unternehmer, aber er war auch einzigartig in seiner Einsamkeit, in seiner Liebe zum Schönen und Grossen.

 

Und so ist er uns zu Recht auch heute noch in Erinnerung.

 

* Cavaliere del Lavoro Carlo De Benedetti, Ehrenvorsitzender der CIR Spa und Vorstandsvorsitzender der Verlagsgruppe “L’Espresso”

 

Seite I:

Adriano Olivetti (1901-1960).

 

Links:

Adriano Olivetti im Gespräch mit jungen Arbeitern im Werk Ivrea, Ende der 50er Jahre. (Publifoto)

 

III

 

Ein Gestalter der Zukunft

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Adriano Olivetti und das “kurze Jahrhundert”

 

von Fabrizio Fazioli*

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Links:

Adriano Olivetti vor dem ICO-Gebäudekomplex.

 

Auf dieser Seite:

Das als Erweiterung der ersten, 1895 gebauten Fabrikhalle entstandene, “Vecchia ICO” (“Alte ICO”) genannte Hauptproduktionsgebäude.

 

Adriano Olivetti

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Als Adriano Olivetti im Jahr 1901 zur Welt kam, war Europa der euphorisch sprudeln- de Kontinent der Belle Époque, geprägt von umfassenden Neuerungen und einem unbe- schwerten Fortschrittsglauben. Als er 1960 starb, war Europa noch durch einen eiser- nen Vorhang getrennt, doch der westliche Teil stand an der Schwelle zum beeindru- ckendsten Wohlstandswachstum, das die Bevölkerung je erlebt hatte. Dazwischen la- gen zwei verheerende Weltkriege, eine schwere Wirtschaftskrise, die Oktoberrevo- lution, das Dritte Reich in Deutschland und zwanzig Jahre Faschismus in Italien. Man kann wohl kaum sagen, dass Adriano Olivet- ti in einer besonders glücklichen Zeit gelebt hätte. Der bekannte Historiker Eric J. Hobs- bawm hat diesen durch Gewalt und Unruhen geprägten Zeitraum vom ersten Weltkrieg bis zum Fall der Berliner Mauer als “das kur- ze Jahrhundert” bezeichnet. Ein Jahrhun- dert des wissenschaftlichen  Fortschritts und der totalen Kriege, der wirtschaftlichen Krisen und des ungleich verteilten Wohl- stands, der gesellschaftlichen und kulturel- len Umwälzungen. Ein kurzes Jahrhundert auch wegen der schwindelerregenden Dyna- mik der zeitgeschichtlichen Ereignisse und der Veränderungen des Alltagslebens. Un- gewollt wurde Adriano Olivetti zum Zeugen und zum Protagonisten dieser geplagten Epoche, die kurz war wie sein eigenes Leben und ihn intellektuell wie unternehmerisch auf aussergewöhnliche und verschlungene Pfade führte.

 

Intellektueller, Politiker oder Unternehmer?

Als Adrianos Vater Camillo Olivetti den gleichnamigen, später so berühmten Be-

trieb in Ivrea gründete, schrieb man das Jahr 1908, und noch ahnte niemand, welch tragische Ereignisse bald folgen würden. Die Fabrik war ein kleines Gebäude aus rotem Backstein mit einer Handvoll Arbeiter, und Adriano zählte gerade sieben Jahre. Aus den biografischen Anmerkungen des renom- mierten Journalisten Valerio Ochetto, der für die Abteilung Zeitgeschichte der Rund- funkanstalt RAI verantwortlich war, wissen wir, dass die Epoche nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs mit ihren sozialen und po- litischen Spannungen, aber auch einem Kli- ma der Hoffnung und Befreiung, den jungen Adriano dazu veranlasste, sich politisch zu engagieren. Er ging auf Abstand zu seinem Studium und besuchte die Veranstaltungen im Fachbereich Chemieingenieurwissen- schaft der Polytechnischen Hochschule Tu- rin nur noch selten. Auch war die Nachfolge im väterlichen Betrieb keineswegs vorher- bestimmt. Im Gegenteil, nachdem Adriano 1914 als Handlanger in der Fabrik gearbeitet hatte, beschloss er, sich keinesfalls aktiv in den Betrieb einzubringen. Stattdessen nä- herte er sich den politischen und intellektu- ellen Zirkeln der zwanziger Jahre in Turin an. Er arbeitete an den beiden Wochenzeit- schriften L’Azione Riformista und Tempi Nuo- vi mit, die der Vater 1919 und 1922 in Turin gegründet hatte. Die Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs waren für Adriano al- so nicht nur eine Zeit, die er mit idealisti- schen Träumen und mit der Lektüre von Bü- chern zubrachte, vielmehr schrieb er auch selbst und plante seine Zukunft, die er nicht in der Fabrik sah, sondern im politischen Journalismus. Es waren zwar noch unreife Pläne eines jungen Mannes, doch seine Ide- en trafen ins Schwarze, und er nahm dabei

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Camillo Olivetti mit der Olivetti-Belegschaft, 1908.

 

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Ein Gestalter der Zukunft

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viele spätere Entwicklungen vorweg. So stellte er sich zum Beispiel für die italieni- schen Regionen eine starke Autonomie nach dem föderalistischen Prinzip vor, klar an den Vorstellungen von Carlo Cattaneo orientiert, der vom Schweizer Modell sehr angezogen war und selbst zu dessen Realisierung bei- getragen hatte (Cattaneo hatte von 1848 bis zu seinem Tod im Jahr 1869 in der Schweiz

wegen seiner dezidierten Ablehnung des Fa- schismus auf erhebliche Hindernisse. Neben dem intellektuellen und politischen Engage- ment erwachte in dieser Zeit auch sein Inte- resse am Studium der Arbeitsorganisation und in wachsendem Mass auch an der väter- lichen Fabrik. Diese beiden Neigungen ent- wickelten sich von nun an in beständigem Ge- gensatz weiter, näherten sich gelegentlich aneinander an oder verliefen parallel und dann wieder völlig autonom oder strebten in gegensätzliche Richtungen. Bruno Caizzi, ein Zeitgenosse Olivettis im Schweizer Exil be- schreibt, wie diesem schlagartig die grossar- tigen Möglichkeiten klar wurden, die ihm der Eintritt ins Unternehmen seiner Familie bot, ohne dass er deshalb seine Ideale aufgeben musste. 1925 ging er in die Vereinigten Staa- ten, um die Organisationsformen der grossen Unternehmen auf der anderen Seite des At- lantiks zu studieren. Von dort nahm er, wie Beniamino de’ Liguori Carino in einer aus- führlichen Abhandlung über die intellektuel- le Reifung von Adriano Olivetti darlegt, zwei wichtige Erfahrungen mit nach Hause:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Adriano Olivetti posiert vor dem Fotografen, 1927.

gelebt). Es war kein vom Papsttum domi- nierter katholischer Föderalismus nach den Vorstellungen von Vincenzo Gioberti und noch viel weniger ein Föderalismus mit se- zessionistischen Tendenzen, wie er heute in Italien wieder auflebt. Genau wie Carlo Cat- taneo ging es Adriano Olivetti um einen “Zu- sammenschluss der Völker und nicht um ei- nen Zentralstaat, der zwar die Einheit der Nation wahren und stärken, das Wachstum der Freiheit aber behindern würde”. Ein weiteres zentrales Thema war der staatliche Verwaltungsapparat, der seiner Ansicht nach “entpolitisiert” und in die Hände “fähi- ger und kompetenter” Menschen gelegt werden musste. Diese aufkeimenden Gedan- ken werden wir später gereift in den Plänen zur Reform des Staates wieder finden, die Olivetti in der von ihm begründeten Bewe- gung und in seinem Verlag Edizioni di Comu- nità weiter konkretisierte.

 

Amerika – ja, aber nicht als Modell

Mit der Zeit legte sich sein Widerwille gegen den Eintritt ins väterliche Unternehmen, und seine journalistischen Ambitionen sties- sen, wie er später einräumte, nicht zuletzt

Zum einen konnte er sich durch Besuche in den Werken der wichtigsten amerikanischen Un- ternehmen intensiv mit den Methoden der Ar- beitsorganisation vertraut machen. Zum ande- ren begann der junge Olivetti in dieser Zeit, sich ein kritisches Urteil über die amerikanische Gesellschaft zu bilden, wo der Massenkonsum und das kapitalistische System ein Entwick- lungsstadium erreicht hatten, das man in Eu- ropa noch nicht kannte. Es erscheint deshalb nicht unwahrscheinlich, dass er die Wider- sprüche der amerikanischen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung vorhergesehen hat. In ei- nem Brief an seine Angehörigen schrieb er: “Hier ist der Dollar der wahre Gott, der das Le- ben der Menschen beherrscht”.

 

Zweifellos waren daher das intellektuelle Rüstzeug und die Erfahrungen, die er bei seiner Rückkehr mit in die Heimat brachte, nicht das Ergebnis einer unkritischen Über- nahme des amerikanischen Traums, son- dern bestanden vielmehr aus technischen, gesellschaftlichen und organisatorischen Erkenntnissen, die er dann in einen Entwurf für ein gesellschaftliches Modell einbrachte, das sich deutlich vom amerikanischen un- terschied.

 

VII

 

Adriano Olivetti

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VIII

 

Ein Gestalter der Zukunft

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Zeitschrift Comunità und unmittelbar da- nach den gleichnamigen Verlag, der sich vor allem durch die Veröffentlichung geis- teswissenschaftlicher Werke von Autoren auszeichnete, die in Italien noch unbekannt waren. Und zwei Jahre später, im Jahr 1948, rief er mit dem Movimento politico di Comunità eine politische Bewegung der Ge- meinschaft ins Leben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Links:

Der erste mit Schreibmaschine geschriebene Brief von Camillo Olivetti an seine Frau Luigia.

 

Oben:

Buchdeckel des Bandes “L’ordine politico delle comunità” von Adriano Olivetti, 1945.

 

Rechts:

Das Symbol von Adriano Olivettis Tätigkeiten – die Glocke und die Inschrift “Humana Civilitas”.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mittlerweile hatte sich seine oppositionelle Haltung gegenüber dem Faschismus weiter verfestigt und er vertrat Positionen, die de- nen des liberalen Sozialismus von Carlo Rosselli sehr ähnlich waren. Nach und nach entwickelte er eine Sichtweise, die sich am Menschenbild des französischen Philoso- phen Emmanuel Mounier orientierte. Da- nach musste der utilitaristische Individua- lismus unbedingt überwunden werden. Der Einzelne sollte seine Potenziale im solidari- schen Netz der Gemeinschaft entwickeln, der er angehörte. So nahm die Vorstellung von der Gemeinschaft als politischer, sozia- ler und wirtschaftlicher Einheit Form an, die auf der Grundlage demokratischer Mit- wirkung entstehen sollte, ohne Druck oder Zwang durch den Staat, der eine föderale Struktur haben und den regionalen Beson- derheiten Rechnung tragen sollte.

In dieser Zeit kristallisierte sich eine Visi-

on der Gesellschaft heraus, die man heute wohl als “global” bezeichnen würde und die in der Fabrik und in der ganzen Stadt Ivrea, in Olivettis Verlagsprojekt und auch in sei- nem politischen Konzept immer deutlicher zum Ausdruck kam. 1945, nach seiner Rückkehr aus der Schweiz, wo er sicher- heitshalber Zuflucht gesucht hatte, veröf- fentlichte Olivetti ein Manifest über die po- litische Struktur der Gemeinschaft, “L’or- dine politico della Comunità”, in dem er seine Ideen darlegte. 1946 gründete er die

Das verlegerische Engagement

In der Tat schien alles, wofür sich Adriano Olivetti interessierte, in Italien noch völlig unbekannt zu sein. Wie der Soziologe Do- menico De Masi ausführt, “las und veröf- fentlichte Olivetti einerseits theoretische Schriften aus der Soziologie, der Gesell- schaftsphilosophie, der Ethik und der Äs- thetik, andererseits aber auch praktische Abhandlungen zur modernen Produktion und zum Reformismus, zur Arbeitnehmer- mitbestimmung und zur Gestaltung des öf- fentlichen Raums, zu moderner Architek- tur und Design”. Damit vollzog er einen Bruch mit der bestehenden Kultur und öff- nete neue Wege, die zur Verbreitung inno- vativer Visionen beitrugen, gleichzeitig aber in einer Verlagslandschaft, in der der Faschismus zwanzig Jahre lang jeden Fort- schritt blockiert hatte, abweichend und ver- dächtig erschienen.

 

Es ist nicht leicht, den Leser von heute in das damalige kulturelle Umfeld zurückzu- versetzen. Olivetti beschränkte seine Kritik an der kulturellen Unbeweglichkeit Italiens nicht auf reinen Protest, sondern er ver- focht offen reformistische Ziele und die stringente Umsetzung der wissenschaftli- chen Konzepte in die Praxis. In den Katalo- gen der Fondazione Olivetti finden sich zahlreiche bei Edizioni di Comunità erschie-

 

 

IX

 

Adriano Olivetti

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X

 

Ein Gestalter der Zukunft

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nene Abhandlungen renommierter Auto- ren, vor allem aus dem Ausland, die ganz unterschiedlichen Bereichen der Geistes- wissenschaften zuzuordnen sind. Zu nen- nen wären hier die Namen Jung, Piaget, Kierkegaard, Bergson und Claudel, die So- ziologen der französischen Schule wie Gur- vitch, Bettelheim und Mounier, der Schwei- zer Schriftsteller Ramuz, sodann Denis de Rougemont und zahlreiche weitere Auto- ren. Domenico De Masi nennt die Schriften von Simone Weil zum Leben der Arbeiter- schaft, die Texte von Raymond Aron zum Verhältnis zwischen dem Westen und der Sowjetunion und die Abhandlungen von Roethlisberger zum Zusammenhalt der Gruppen in den Fabriken sowie Klassiker wie Weber und Durkheim, die “den geistlo- sen italienischen Verlagssumpf mit leuch- tenden Visionen bereichert haben”. Wohl kaum ein anderes der vielen auf Wunsch von Adriano Olivetti bei Edizioni di Comuni- tà veröffentlichten Bücher hat, wie De Ma-

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Links: Deckblatt der

Zeitschrift “Comunità”, Nr.1, 1. Jahrgang,

1946.

 

Oben:

Adriano gewinnt den “Compasso d’Oro” (Goldener Zirkel) für die Lettera 22 von Marcello Nizzoli, 1954.

si weiter anmerkt, einen solchen Beispiel-

charakter wie Gemeinschaft und Gesellschaft des deutschen Soziologen Ferdinand Tön- nies. “Hier wurde die warme, lebendige, tröstende und schützende Gemeinschaft, die aber auch träge und traditionalistisch, unterdrückend und von Misstrauen und Bi- gotterie gekennzeichnet sein kann, der kal- ten, unpersönlichen und entfremdenden, zugleich aber auch dynamischen, technolo- gischen, praktischen und innovativen Ge- sellschaft gegenübergestellt”. Der Verlag Edizioni di Comunità war im Grunde die na- hezu perfekte Synthese all dessen, was den Traum (oder die Utopie) Olivettis aus- machte: “die Gemeinschaft und die Gesell- schaft miteinander zu versöhnen und so dem Alltagsleben Dynamik zu verleihen und das Leben der Arbeiterschaft mit Lei- denschaft zu bereichern”.

 

Adriano Olivettis intellektuelle Odyssee war fast immer vom Drang bestimmt, seine Ideen und seine Leidenschaft für alles So- ziale in dem unternehmerischen Projekt umzusetzen, an dem er arbeitete, wobei er aber ganz klar von seinem Projekt der Ge- meinschaft unterschied, auch wenn es hier natürlich Wechselwirkungen und oft auch Überschneidungen gab. Der Verlag war für ihn, genauso wie das Grossunternehmen in

Ivrea, ein Ort der intellektuellen und beruf-

lichen Weiterbildung. Beides waren Stätten der Begegnung und Ideenschmieden, an de- nen alle dort Beschäftigten Erfahrungen sammelten, die dann anderswo, in anderen beruflichen Zusammenhängen, unbehin- dert neue Keime treiben konnten.

Zu Edizioni di Comunità kamen weitere, eher auf essayistische Schriften ausgerich- tete Verlage, die unter Olivettis Einfluss da- nach strebten, sich von den beiden verfes- tigten, im Grunde sehr eingeschränkten Denkgebäuden des Kalten Kriegs zu lösen und der intellektuellen Konfrontation jener Epoche – dem kommunistischen Klassen- kampf auf der einen Seite und einem nach Überwindung der Klassenschranken su- chenden Katholizismus auf der anderen – einen “dritten Weg” gegenüberzustellen. Mit seinen verlegerischen Projekten hat Adriano Olivetti in den fünfziger Jahren ei- nen grossen Beitrag zur kulturellen Er- neuerung Italiens geleistet. Wie Beniami- no de’ Liguori Carino in seiner Abhandlung erläutert, bot “Edizioni di Comunità den le- bendigsten, ausdrucksstärksten Stimmen jener Zeit einen Raum für die ungehinderte Verbreitung ihrer Gedanken und versuchte gleichzeitig, der Zivilgesellschaft wie den politischen Akteuren ein neues Bewusst- sein für ihr Handeln zu vermitteln und ih-

 

XI

 

Adriano Olivetti

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Einweihung des Olivetti-Werks in Pozzuoli (bei Neapel) am 23. April 1955.

nen Techniken an die Hand zu geben, um ei- ne Gesellschaft aufzubauen, die sich an ge- nau den Leitlinien orientiert, von denen Olivetti in seinem berühmten Essay Città dell’uomo (Stadt der Menschen) spricht”.

 

Ein Mann, der das zwanzigste Jahrhun- dert geprägt hat

Es ist schwierig, das intellektuelle Klima dieser Epoche in seiner ganzen Komplexität wiederzugeben, und auch das Denken von Adriano Olivetti lässt sich nicht in wenigen Worten darstellen oder auf einige grund- sätzliche Äusserungen reduzieren. Es bein- haltet eine zivilgesellschaftliche Dimension, in der sich die Kultur zwischen die ökono- mischen Mechanismen schiebt. Eine freie Kultur, die jedoch auf der Suche nach einer besseren Gesellschaft auch eine wirtschaft- liche und politische Funktion übernehmen sollte. In einem Land, dem nach dem Ende von Faschismus und Krieg die Orientierung abhanden gekommen war, hat diese neuar- tige, gelegentlich destruktive Sichtweise zweifellos eine unauslöschliche Spur hinter- lassen. Rückblickend ist allerdings schwer zu beurteilen, ob Olivettis damalige Sicht- weise nicht etwas zu träumerisch war, ob sie insgesamt nicht doch Widersprüche auf- wies oder intellektuell zu hastig und zu kurz gegriffen war. Sein allzu früher Tod mag da- zu beigetragen haben, dass diese Fragen et- was unkritisch stehen bleiben angesichts des ideellen Impetus, der oft unverstanden blieb und deshalb nie vollständig in eine Realität umgesetzt werden konnte, die der Prüfung durch die Zeit hätte standhalten können.

Es wäre jedenfalls falsch anzunehmen, dass

sich Olivettis Konzept einerseits auf den Mi- krokosmos von Ivrea beschränkt hätte und

dass andererseits sein unternehmerisches Projekt einigen allzu ehrgeizigen intellektu- ellen oder politischen Ambitionen Vorschub geleistet hätte. Inspiriert von den Büchern von Carlo Levi und vom sozialen Engage- ment Intellektueller wie Danilo Dolci, waren die fünfziger Jahre in Italien von einem star- ken Interesse für den Süden geprägt, und Olivetti setzte dieses Interesse mit seinem Pragmatismus in wirkungsvolle Initiativen um wie die Massnahmen zur Landreform, die Einführung einer Cassa del Mezzogiorno für die Wirtschaftsförderung in Süditalien, die Stadtentwicklung von Matera und die neuen Olivetti-Werke in Pozzuoli.

Als er in den vierziger Jahren das von sei-

nem Vater gegründete Unternehmen erbte, hatte es nur ein paar hundert Angestellte. Bis zu seinem unerwarteten Tod während einer Zugfahrt nach Lausanne im Februar 1960 waren daraus mehr als 45’000 Be- schäftigte geworden, 27’000 davon im Aus- land. Die Bedeutung der Firma war eng verknüpft mit seinem Konzept des Unter- nehmens

 

als organische Einheit aus internationaler Kultur, innovativer Technologie, effizienter Organisation und Mitbeteiligung der Beschäf- tigten im Dienst der Gemeinschaft. Sie ist di- rekt verknüpft mit der Vorstellung vom Men- schen als organische Einheit aus Erzeuger, Verbraucher und Staatsbürger. Sie ist auch verknüpft mit der Vorstellung vom Staat als integriertes System einer Vielzahl von Ge- meinschaften, […] Sie ist verknüpft mit der Vorstellung von der Ästhetik als Ergänzung zur Perfektion der Maschinen […] Sie ist ver- knüpft mit der Vorstellung von der Kultur als organische Einheit aus Wissenschaft und Technik, Mensch und Kunst (Adriano Olivetti e le Edizioni di Comunità 1946-1960).

 

Ich möchte meinen Beitrag mit einem letz- ten, klaren Urteil des Soziologen Domeni- co De Masi beenden, in dem das kulturelle und gesellschaftspolitische Konzept von Adriano Olivetti insgesamt gewürdigt wird, mit dem Ergebnis, dass er mit Recht zu den Menschen zu zählen ist, die das zwanzigste Jahrhundert geprägt haben:

 

Meilenweit entfernt von der fieberhaften Raff- gier und dem blinden Abenteurertum des

 

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Ein Gestalter der Zukunft

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Ansicht der Anfang der 50er Jahre nach Plänen von Luigi Cosenza errichteten Olivetti- Gebäude in Pozzuoli.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Glücksspiels, von denen heute so viele Unter- nehmen infiziert sind, können wir sagen, dass es Adriano Olivetti gelang, sein Unternehmen und sein Management aus dem Industriezeit- alter ins postindustrielle Zeitalter zu führen. So wie Freud und Jung die traditionelle Psy- chologie hin zur Psychoanalyse führten, Picas- so die Malerei des Piero della Francesca zum Kubismus, Einstein die Newtonsche Physik zur Relativitätstheorie, Strawinsky die Musik der Romantik zum Atonalen und Joyce den Roman des neunzehnten Jahrhunderts zum offenen Kunstwerk.

 

* Fabrizio Fazioli, promovierter Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler (Universität Neuen- burg), Journalist und Autor. Ehemaliger ve- rantwortlicher Redaktor des Wirtschaftsres- sorts und der Wirtschaftssendung “Microma- cro” des Fernsehens der italienischen Schweiz RSI. Zurzeit als Dozent für Volkswirtschaft sowie als Mitarbeiter bei verschiedenen inter- nationalen Projekten tätig.

Bibliografische Hinweise

 

Bruno Caizzi, Camillo e Adriano Olivetti,

Utet, Torino 1962.

 

DOMENICO DE MASI, Vorwort zu Adriano Olivetti e le Edizioni di Comunità, Quaderni della Fondazione Olivetti, Roma 2008.

 

BENIAMINO DE’ LIGUORI   CARINO, Adriano

Olivetti e le edizioni di Comunità (1946- 1960), Quaderni della Fondazione Olivetti, Roma 2008.

 

VALERIO OCHETTO, Adriano Olivetti. Indus- triale e utopista, Cossavella Editore, Ivrea 2000.

 

ADRIANO OLIVETTI, Città dell’uomo, Edizioni di Comunità, Milano 1959.

 

ROBI RONZA, Tradizione e attualità del pen- siero federalista italiano, in Federalismo in cammino, Coscienza Svizzera und Armando Dadò, Locarno 1995.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

XIII

 

Ein Gestalter der Zukunft

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Adriano Olivetti – Portrait eines aufgeklärten Unternehmers

 

von Valerio Castronovo*

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Links:

Adriano Olivetti, 1959.

 

Auf dieser Seite:

Flugansicht der Olivetti-Werke in Ivrea, 60er Jahre.

 

Adriano Olivetti

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Camillo Olivetti und seine Familie; zuäusserst rechts in der hinteren Reihe Adriano Olivetti.

Unter den vielen Beschreibungen, die uns von Adriano Olivetti erhalten sind, scheint mir eine für diesen so untypischen Unter- nehmer am treffendsten: ein “positiver Uto- pist”, wie ihn der Resistenza-Führer und er- ste Regierungschef des demokratischen Italien Ferruccio Parri seinerzeit genannt hat. In der Tat war sein ganzes Schaffen von einem pragmatischen Utopismus geprägt, sei es, weil er mit seinem konkreten Han- deln Industrie und Kultur miteinander ver- binden wollte, sei es, weil er beseelt war von dem Bemühen, die Regeln des Wirtschafts- lebens mit der sozialen Verantwortung des Unternehmens zu vereinbaren. Was ihm vorschwebte, war eine “Fabrik mit mensch- lichem Gesicht”, eine Gemeinschaft der Ar- beit also, die mit den modernen technischen Errungenschaften Schritt hielt, ohne der Technik die Oberhand über den Menschen zu lassen; ein Unternehmen, das schwarze Zahlen schrieb, ohne den Profit zum einzi- gen Bewertungs- und Verhaltensmassstab zu erheben.

Schon früh wurde der junge Adriano, des-

sen Mutter Waldenserin war, während der Vater aus einer jüdischen Familie stammte, durch unterschiedliche Eindrücke und Er- fahrungen dazu angeregt, die Werte des Hu- manismus und des Industrialismus in Ein- klang zu bringen. So standen auf der einen, der intellektuellen Seite, der christliche Personalismus von Maritain und Mounier und der sozialistische Reformismus. Auf der anderen, der des modernen Unterneh- mers, stand die direkte, eigene Erfahrung, erworben während mehrerer  Aufenthalte in den Vereinigten Staaten: Erkenntnisse praktischer Natur, aber auch Einblicke in

die sozialen Probleme, die die Entwicklung des Taylorismus und des Fordismus mit sich brachte. Zudem hatte er in den Jahren, in denen er bei der faschistischen Polizei als “subversives Element” galt, mit dem Ent- wurf für eine Organisationsstruktur des Staates auf der Grundlage föderalistischer Elemente begonnen: ein neues Gebilde, mit den Vertretern der Industrie, der Arbeit- nehmer und der Kultur als konstitutiven Bestandteilen einer in Gemeinschaft, Regi- on und Föderation untergliederten institu- tionellen Ordnung.

Dieser Entwurf, den er während des Exils in der Schweiz seit Oktober 1943 vervollstän- digte und nach der Befreiung Italiens in der Abhandlung “L’ordine politico delle comu- nità” veröffentlichte, erschien vielen Beob- achtern als ein Konvolut abstrakter Speku- lationen. Nicht so dem zukünftigen Präsi- denten Italiens Luigi Einaudi, der Olivettis Argumentation zwar nicht in allen Punkten zustimmte, aber seine Vorstellungen einer Art von Selbstverwaltung nach den Grundsätzen des politischen Pluralismus teilte. Diese Grundsätze hielt Einaudi für unabdingbar, wenn man zum einen das Wie- dererstarken der zentralistischen Verwal- tungsstrukturen des Vorkriegsitalien und zum anderen die Vorherrschaft der ideolo- gischen Massenparteien und ihrer Appara- te über die Gesellschaft verhindern wollte. Adriano Olivetti hatte nach Ende des Krie- ges von Anfang an auf zweierlei gesetzt: auf das Entstehen einer “menschenwürdigen Fabrik-Gemeinschaft”, die nicht nur Pro- duktionsstätte sein sollte, sondern zugleich auch Schmiede kultureller und gesell- schaftlicher Entwicklungen, und auf die Etablierung eines demokratischen Systems mit dem Kernziel, lokale Autonomiestruk- turen und neue repräsentative Formen der Beteiligung und der Selbstverwaltung zu entwickeln.

Eine wichtige Rolle bei der Weiterentwick-

lung dieser Pläne spielten nicht nur Olivet- tis kultureller Hintergrund und seine intui- tive, fast prophetische Intelligenz, die auch auf andere befruchtend wirkte und die zeit- lebens zu seinen unverwechselbaren Eigen- schaften gehörte. Von grosser Bedeutung waren auch einige spezifische Merkmale des Unternehmens, das er führte, und das Umfeld, in dem er agierte. Der bereits ange-

 

XVI

 

Ein Gestalter der Zukunft

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sehene, unmittelbar nach dem Krieg aber noch eher mittelständisch zu nennende Be- trieb, den er vom Vater geerbt hatte, und auch seine Herkunftsregion, das hügelige Grenzgebiet des Canavese südwestlich von Ivrea, boten sich für beide Absichten an: ein Unternehmen zu erschaffen, in dem die Entwicklung innovativer Projekte mit parti- zipatorischen betrieblichen Strukturen verbunden werden konnte, und das basisde- mokratische Experiment einer “konkreten Gemeinschaft” zu realisieren, die zum Pro- totyp neuer gesellschaftlicher Organisati- onsformen auf lokaler Ebene werden sollte. Die Bedeutung dieser beiden Elemente, der inneren Struktur eines Unternehmens, des- sen Erfolgschancen auf einem gerüttelten Mass an Kreativität und technischer Exzel- lenz gründeten, und die noch weitgehend kleinbäuerliche Prägung der Umgebung von Ivrea ohne nennenswerte städtische Einflüsse, lässt sich an der Marschrichtung des Unternehmens Olivetti in den fünfziger Jahren deutlich erkennen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Arbeiter beim Verlassen des ICO- Gebäudes lesen die erste Ausgabe der Olivetti-Werkzeitung “Giornale di Fabbrica Olivetti”, 1949.

 

Plakat zur Einberufung einer Wahlversammlung des Betriebsrats.

 

 

 

 

 

 

 

Wie bei Fiat und anderen Industrieunter- nehmen führte auch bei Olivetti die stei- gende Nachfrage nach neuen Gebrauchs- gütern zu einem beispiellosen Produktions- wachstum bei sinkenden Kosten. So wurden 1958 fast fünfmal so viele Schreib- maschinen auf dem Markt abgesetzt wie zu Beginn des Jahrzehnts, bei den Reise- schreibmaschinen hatte sich der  Absatz fast verneunfacht und bei den Rechenma- schinen war er um mehr als das 66-Fache gestiegen. Das lag nicht nur daran, dass sich die Italiener rasch mit den neuen me- chanischen Schreib- und Rechenmaschi- nen anfreundeten, sondern auch an den verbesserten Absatzmöglichkeiten auf den ausländischen Märkten.

Doch der kometenhafte Aufstieg von Olivet-

ti war einer Vielzahl von Faktoren zu ver- danken, die mit der besonderen, von Adria-

no angewandten Unternehmensstrategie und auch mit den wirtschaftlich-sozialen Rahmenbedingungen der Region zusam- menhingen.

Seit der Gründung durch Camillo Olivetti im Jahr 1908 wurde im Unternehmen ein sehr persönlicher Führungsstil gepflegt (der Besitzer und sein Sohn kümmerten sich sogar persönlich um die Ausbildung der Vorarbeiter). Und man blieb auch der ursprünglichen Unternehmensphilosophie treu, die sich vor allem auf die Perfektionie- rung der Verfahrensabläufe und auf den Be- reich Forschung und Entwicklung konzen- trierte, angefangen bei der maschinellen Ausstattung bis hin zu den Produktlinien. Den Kern des Unternehmens bildeten übe- raus fähige Techniker und Ingenieure.

Während im Produktionsbereich die kon-

zeptionellen Vorstellungen und Fähigkeiten ausschlaggebend für den Erfolg des Unter- nehmens waren, trugen das ungewöhnliche Design und die originellen grafischen Ideen das ihre dazu bei, der Marke Olivetti ihre Unverwechselbarkeit und hohe Werbewirk- samkeit zu verleihen. Diese Verbindung von Funktionalität und Ästhetik war genialen

 

XVII

 

Adriano Olivetti

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Blick in die Montageabteilung der Olivetti-Fabrik Pozzuoli, 1958. (Cartier- Bresson)

 

Rechts: Buchdeckel eines Bandes von

  1. Friedmann, 1955.

Architekten wie Lodovico Belgioioso, Enri- co Peressutti, Ernesto Rogers, Carlo Scarpa und Marcello Nizzoli zu verdanken. Ihre Werke bereicherten auch einige Olivetti- Niederlassungen in Italien und im Ausland und stärkten damit das Image und das Pre- stige des Unternehmens aus Ivrea.

Im Hinblick auf das zweite Element, das zur einzigartigen Position der Firma Olivetti beitrug, ist zunächst festzustellen, dass sich ein Landstrich wie das Canavese, in dem noch kein starker Migrationszufluss und keine nennenswerte Industrieansiedlung zu verzeichnen waren, geradezu als Modell für einen Entwurf anbot, die Erweiterung eines grossen Unternehmens harmonisch mit der agrarisch geprägten Wirtschaft der Region von Ivrea zu verbinden, den Hauptort mit den Dörfern im Hinterland. Nach Adrianos

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Überzeugung sollten in der Umgebung und in den angrenzenden Voralpendörfern ge- zielt verarbeitende Betriebe für die Erzeug- nisse der regionalen Landwirtschaft entste- hen, um die Abwanderung von arbeitsu- chenden Bauern und Dorfbewohnern in die Stadt zu bremsen. Auch die damaligen Ar- beiter in den Olivetti-Werken, deren Bezie- hung zum bäuerlichen Hinterland von Ivrea noch immer stark war (weil sie noch in ihren Herkunftsorten wohnten oder weil die mei- sten Familien noch ein kleines Stück Land besassen), konnten in vielerlei Hinsicht als Ausgangspunkt für die Philosophie der Ge- meinschaftsbewegung und der autonomen Betriebsgewerkschaft Autonomia aziendale dienen. Beide zielten darauf ab, die Arbei- terklasse von der psychologischen Verskla- vung und Entfremdung durch die Arbeit am Fliessband und von der Anonymität der grossen Fabrikhalle zu befreien.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Unternehmen, das sich durch seine hochwertigen und äusserst stilvollen Er- zeugnisse auszeichnete, und ein territoria- les Umfeld, das von industriellem Grössen- wahn und hemmungsloser Verstädterung verschont geblieben war, bildeten also das Fundament, auf dem Adriano Olivetti einen durch seine Unternehmenskultur und seine sozialpolitischen Besonderheiten beispiel- gebenden Industriekomplex errichtete.

Einen wichtigen Impuls gaben dabei seine persönlichen Ideen und Intuitionen, die sich weder am Erbe des Positivismus noch am Kanon des Idealismus und des Marxismus orientierten. Von grosser Bedeutung für seine kulturelle Bildung waren vielmehr die Betrachtungen grosser Denker wie Schum- peter, Kelsen und Friedmann, Emmanuel Mounier, Simone Weil und Lewis Mumford. Sie halfen ihm nicht nur, die grundlegenden Probleme des Kapitalismus und des Sozia- lismus besser zu verstehen, sondern auch die Bedeutung vollständig zu erfassen, die die wissenschaftlichen Erkenntnisse, der Wandel der Arbeitswelt, das Recht als In- strument der gesellschaftlichen Organisati- on und die Stadtplanung für die Lebens- qualität der Menschen und ihre Beziehun- gen zur Umwelt besitzen.

Zugleich suchte Adriano Olivetti sowohl bei

seiner Unternehmensführung als auch in den kulturellen Beziehungen, die das Bin- deglied für seine Projekte darstellten, die Unterstützung eines grossen Teams von in- tellektuell veranlagten Managern und Bera-

 

XVIII

 

Ein Gestalter der Zukunft

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Einweihung der ersten Bauetappe der Wohnsiedlung für Mitarbeiter des Olivetti- Werks in Pozzuoli am

  1. April

 

Rechts:

Zwei Angestellte auf Büchersuche in der Olivetti-Betriebs- bibliothek, 60er Jahre.

tern aus verschiedenen Bereichen der Gei- stes- und Sozialwissenschaften – Soziolo- gen, Wirtschaftswissenschaftler, Psycholo- gen, Politologen, Architekten und Designer, aber auch Schriftsteller und Literaten, die alle eine Vision teilten, welche die Mauer des Spezialistentums aufbrach. Es ist nicht notwendig, an dieser Stelle Namen anzu- führen, hier genügt der Hinweis, dass sie ideell zumeist der damals als “terza forza”, als dritte Kraft bezeichneten politischen Richtung angehörten, einer laizistischen Linken mit neo-aufklärerischem Hinter- grund, die offen war für die Modelle und Ak- tionsformen der fortschrittlichen nordeu- ropäischen und amerikanischen Kultur.

Olivetti stürzte sich also in den fünfziger

Jahren in ein einzigartiges unternehmeri- sches Abenteuer, ein für die damalige Zeit

 

sehr ungewöhnliches Unterfangen mit Modellcharakter, dem nichts Ebenbürti- ges mehr folgen sollte. Ein Unternehmen, das nicht nur hervorragende wirtschaftli- che Ergebnisse erzielte, sondern auch ein- zigartige soziale Ziele erreichte und den Mitarbeitern in Leitungsfunktionen Gele- genheit gab, den Blick auch über den Hori- zont der eigenen Zuständigkeit hinaus schweifen zu lassen und neue Dinge einzu- führen; ein Unternehmen, das seinen Ar- beitern Löhne zahlte, die um ein Drittel über den Sätzen der landesweit geltenden Tarifverträge lagen. Darüber hinaus hatte Olivetti den Anstoss zu einem breiten Spektrum sozialer Dienstleistungen gege- ben, die als Mitarbeiterrechte anerkannt wurden (Häuser/Wohnsiedlungen, Kin- dergärten, Ferienkolonien, Betriebsbusse und -berufsschulen sowie verschiedene Unterstützungsleistungen).  Er  hatte  aber

auch dafür gesorgt, dass in der Betriebsbi- bliothek Bücher unterschiedlichster Ten- denz standen, auch sehr radikale und von der gängigen Meinung abweichende Schrif- ten, und dass zu den Veranstaltungen für die Belegschaft, die jeden Montag in den Kulturzentren des Unternehmens stattfan- den, Vortragende unterschiedlichster Cou- leur eingeladen wurden – Marxisten, Libe- rale und Katholiken. Und das in einem durch tiefe politische und ideologische Grä- ben gespaltenen Land.

Ebenso weitsichtig wie die sozialen Initiati- ven, die Adriano Olivetti in seinem Unter- nehmen ergriff, erscheinen noch heute sei- ne raumplanerischen Konzepte. Hier griff er sicher auch einige Elemente auf, über die er sich durch konkrete Anschauung des Schweizer Modells ein Urteil gebildet hat- te. Er ging dabei vom Ideal einer Föderati- on kleiner oder mittelgrosser territorialer Gemeinschaften als der Urzellen des staat- lichen Gebildes aus, die eine direkte Bezie- hung zwischen Wählern und Gewählten und die Entwicklung spezifischer Formen der Selbstverwaltung ermöglichten. So wollte er der Entmachtung der Zivilgesell- schaft durch einen verbürokratisierten Staat und durch die Oligarchie der grös- sten Parteien entgegenwirken.

 

 

XIX

 

Adriano Olivetti

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Roberto Olivetti auf Visite am Sitz der Olivetti Underwood in Toronto (Kanada), 1969. (Tomiczek Len)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Diesem Projekt wollte er in Ivrea und eini- gen Zentren des Canavese, in denen das von ihm 1950 gegründete Movimento di Comunità die Verwaltung stellte, konkrete Gestalt ver- leihen. Er sorgte für die Verlagerung einiger Zulieferbetriebe von Olivetti in die umlie- genden Orte und gründete ein Institut (lsti- tuto per il Rinnovamento urbano e rurale nel Canavese – IRUR), das die Entstehung tech- nisch gut ausgestatteter Kleinunternehmen und landwirtschaftlicher Kooperativen im Umland von Ivrea fördern sollte.

Der Raumordnungsplan für das Canavese, den er 1951 angeregt hatte, die kulturellen und Bildungsaktivitäten des Movimento di Comunità in zahlreichen Gemeinden und die für die “integrierte Entwicklung” von Land- wirtschaft und Industrie bestimmten Inve- stitionen des IRUR in Bewässerungsanla- gen, Aufforstungs- und Infrastrukturmass-

nahmen verliehen der Region und dem Ge- meinschaftsleben in den Dörfern eine be- sondere Prägung und sorgten dafür, dass die stürmische Entwicklung von Olivetti sozial- verträglich blieb, als die Firma innerhalb we- niger Jahre zum Grosskonzern aufstieg.

Doch Adriano Olivettis Weg war keineswegs frei von Hindernissen. So stiessen seine so- zialpolitischen Initiativen nicht nur bei den meisten Unternehmern auf Skepsis und Wi- derstand, sondern auch bei den grossen Ge- werkschaften, die – aus Kurzsichtigkeit oder ideologischer Verblendung – seinen Umgang mit der eigenen Belegschaft für eine moder- ne Form von Paternalismus, wenn nicht gar für einen grossen Schwindel hielten.

Er wollte von seinen Befürwortern nicht als “aufgeklärter Boss” gesehen werden, ver- stand sich vielmehr als “Reformer”. Grund- lage seiner praktischen Initiativen und sei-

 

XX

 

Ein Gestalter der Zukunft

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Roberto Olivetti nimmt im Mai 1960 in Florenz den von der Fakultät für Politikwissenschaften “C. Alfieri” posthum

an (den am 27. Februar desselben Jahres verstorbenen) Adriano Olivetti verliehenen Ehrendoktortitel entgegen.

(Foto Locchi – Firenze)

ner Zukunftsvisionen war die Inspiration, die er aus seinem politisch-kulturellen Pro- jekt bezog. Das ging bis zur Überlegung, ei- nes Tages sein Unternehmen in eine Stif- tung mit neuen Eigentumsverhältnissen umzuwandeln, in der die Bereiche Produk- tion, Kultur und Arbeit gleichwertig vertre- ten sein sollten.

Adriano Olivetti war ein Mensch, der in je- der Hinsicht gegen den Strom schwamm, und so hielt man ihn bald für tollkühn, bald für einen Visionär, bald auch für einen Men- schen, der sich im Traum verloren hatte, in- dustriellen Fortschritt und wirtschaftliche Demokratie, technische Effizienz und sozia- le Gleichheit miteinander zu verbinden.

1959, ein Jahr vor seinem allzu frühen Tod, gelang ihm noch ein grosses Geschäft, der Erwerb der Mehrheitsbeteiligung am ame- rikanischen Schreibmaschinenhersteller Underwood. Nie zuvor hatte ein italieni- sches Unternehmen eine so bedeutende Übernahme auf internationaler Ebene ge- schultert. Underwood, eine Ikone des ame- rikanischen Unternehmertums, hatte am Ende des neunzehnten Jahrhunderts den Prototyp der Schreibmaschine aus der Tau- fe gehoben und hielt mit der Fertigung Hun- derttausender solcher Maschinen pro Jahr über Jahrzehnte hinweg die Monopolstel- lung in einem der exklusivsten Bereiche der Präzisionsmechanik. Eine Position wie Sin- ger bei den Nähmaschinen oder Ford bei den Automobilen zu erringen, hatten sich weder sein Vater Camillo noch Adriano selbst (die beide mehrmals Anschauungs- unterricht in der Zentrale von Underwood in Hartford genommen hatten), auch nur im Traum vorstellen können.

Doch das war nicht die einzige unterneh-

merische Grosstat, die ihm gelang. Die an- dere war der erfolgreiche Einstieg von Oli-

 

vetti – zeitgleich mit IBM und noch vor den Japanern – in den strategisch bedeutenden Sektor der Büroelektronik. Er und sein Sohn Roberto hatten das immense Potenzi- al erkannt, das im Übergang vom Transi- stor zum integrierten Schaltkreis lag. Des- halb sicherten sie sich die Unterstützung von Enrico Fermi und stellten in Zusam- menarbeit mit der Universität Pisa ein Team von Wissenschaftlern und Experten zusammen, das 1959 den ersten Grossrech- ner mit dem Namen “Elea” vorstellte. Nach Adrianos Tod im Februar 1960 kam es je- doch zu einer gravierenden Fehleinschät- zung, als ein Interventionsteam zur Sanie- rung von Olivetti (dem die grössten Persön- lichkeiten der italienischen Industrie und des italienischen Finanzwesens angehör- ten) den Computer als Zukunftstraum, ja gar als Spielzeug einstufte. So kam es, dass der Geschäftsbereich Elektronik von Oli- vetti wenige Jahre später leider an General Electric verkauft wurde.

 

* Valerio Castronovo, Vorsitzender des Centro Studi di Roma, Historiker und Experte in italienischer Wirtschafts- und Industriegeschichte

 

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Ein Gestalter der Zukunft

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Adriano Olivetti – zwischen Traum und Wirklichkeit

 

von Mauro Leo Baranzini und Fabrizio Fazioli*

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Links:

Olivetti-Werbung in den siebziger Jahren (Sergio Libis).

 

Auf dieser Seite:

Adriano Olivetti in der Menge.

 

Adriano Olivetti

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Wirtschaftswissenschaft und Unterneh- menstheorien

Die Wirtschaftswissenschaftler tun sich seit jeher schwer damit, ein analytisches Bild des Verhaltens der Wirtschaftsakteure vorzule- gen. Der Schotte Adam Smith (1723-1790) be- schrieb in der zweiten Hälfte des achtzehn- ten Jahrhunderts sehr ausführlich die Vor- teile der Arbeitsteilung in den Fabriken und die unsichtbare Hand, die die Unternehmer leitet, zum Besten des Einzelnen und zu- gleich der ganzen Gesellschaft. Die Margina- listen (ca. 1870 bis 1936) beschäftigten sich mit der Kombination der Produktionsfakto- ren der Unternehmen, um die Kosten zu mi- nimieren und den kurzfristigen Nutzen zu maximieren. Alfred Marshall (1842-1924) von der Universität Cambridge definierte die Be- dingungen, unter denen ein Unternehmen in einem vollkommenen Markt Gewinnmaxi- mierung erzielt. Jedoch beschränkte er sich dabei auf die Produktionstechniken und be- fasste sich nicht mit den Unternehmens- strategien. Vom Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts an vollzog sich dann, wieder in Cambridge, eine rasche Wei- terentwicklung der Unternehmenstheorie – zunächst mit den überraschenden Analysen von Piero Sraffa (1898-1983), Richard Kahn (1905-1989) und Joan Robinson (1903-1983), die Modelle für unvollkommene Märkte wie Monopole, Oligopole und monopolistischen Wettbewerb entwickelten. Damit lieferten sie einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Mechanismen der Mikroökonomie und der verschiedenen Marktformen. Doch die modernen Managementtheorien liessen noch bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs auf sich warten.

 

Die Unternehmensziele

Die Definition der Ziele und Strategien eines Privatunternehmens ergibt sich aus: (a) den Besitzverhältnissen (direkt im Besitz einer Privatperson oder über eine Gesellschaft),

(b) dem Markttyp, auf dem das Unterneh- men agiert (vollständiger Wettbewerb, mo- nopolistischer Wettbewerb, Monopol, Oli- gopol) und (c) aus dem Kräfteverhältnis zwischen den Gruppen mit unterschiedli- chen Interessen (Aktionäre, leitende Mitar- beiter, Gewerkschaften und Kreditgeber). Es ist anzumerken, dass sich die heutigen mittleren und grossen Unternehmen nicht

nur durch ihre Grösse vom ehemaligen klas- sischen “Familienunternehmen” unterschei- den, sondern auch durch ihre Organisation und ihren Marktanteil.

 

Die Gewinnmaximierung

Der Gewinn eines Unternehmens entspricht der Differenz zwischen seinen Erlösen und den Gesamtkosten. Die Annahme der Ge- winnmaximierung erfolgt auf der Grundlage von Kostenfunktion (Angebot) und Erlös- funktion (Nachfrage). Diese Hypothese ba- siert auf zwei Prämissen:

 

  1. der Überzeugung, dass der Gewinn prä- zise erfasst werden kann; dazu muss der Wert der Gesamterlöse und der Ge- samtkosten über einen langen Produkti- onszeitraum hinweg bekannt sein;

 

  1. dem Konzept des holistischen Unter- nehmens mit einer untrennbaren ent- scheidungsbefugten Einheit, die nach den gleichen Kriterien agiert wie der Patriarch des Familienunternehmens früherer

 

Das Konzept der Gewinnmaximierung hat von 1870 bis etwa 1950 die mikroökonomi- sche Analyse dominiert; später wurden neue Modelle entwickelt.

 

Die Theorie der Erlös- bzw. Umsatzmaxi- mierung von William J. Baumol

William Baumol schlug als erster eine Ma- nagementtheorie vor, die eine Alternative zur Gewinnmaximierung bot, nämlich die der Maximierung des Verkaufserlöses. Dabei führte er die folgenden Argumente an:

 

  1. Die für heutige Unternehmen typische Trennung von Eigentum und Unterneh- mensführung räumt den Managern ei- nen gewissen Freiheitsgrad bei der Un- ternehmensführung ein, so dass sie auf die Maximierung des Umsatzes und nicht auf die des Gewinns hinarbeiten können.

 

  1. Die Vergütung der Manager, einschliess- lich Sondervergütungen (Boni) und Ge- haltsnebenleistungen (Fringe Benefits), hängt oft stärker vom erzielten Umsatz ab als vom

 

XXIV

 

Ein Gestalter der Zukunft

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  1. Die Finanzinstitute orientieren sich bei der Finanzierung von Investitionen ten- denziell eher am Umsatzvolumen bzw. am Gesamterlös.

 

  1. In Märkten ohne Wettbewerb bietet ein höherer Marktanteil die folgenden Mög- lichkeiten: (a) Kontrolle und Erschwerung des Marktzugangs für Konkurrenten; (b) Kontrolle des Vorgehens der bereits am Markt vertretenen Konkurrenten und Verhinderung der Realisierung eventuel- ler Expansionsabsichten; (c) grösserer Spielraum bei der Preisgestaltung; (d) Ausübung einer gewissen Kontrolle über die Rohstofflieferanten und (e) bessere Kontrolle der Vertriebskanäle.

 

  1. Steigender Umsatz vereinfacht die Per- sonalpolitik, weil der Anteil der Fixko- sten an den Gesamtkosten

 

  1. Eine kontinuierliche Umsatzsteigerung stärkt das Prestige der Unternehmens- führung, während ein grösserer Gewinn vor allem den Aktionären zugute

zur Maximierung des “ausgewogenen Wachstums”, ausgedrückt als Zuwachsrate der Nachfrage nach den eigenen Produkten und als Zuwachsrate des Gesellschaftskapi- tals. Mit der gleichzeitigen Maximierung die- ser beiden Wachstumsraten verfolgen die Manager ein doppeltes Ziel, nämlich den ei- genen Nutzen (bzw. die eigene Sicherheit) und zugleich die Erwartungen der Aktionä- re zu maximieren. Es sei daran erinnert, dass die Management-Modelle auf der kla- ren Trennung von Eigentum am Unterneh- men und Kontrolle des Unternehmens ba- sieren. Die Nutzenfunktion der Manager setzt sich zusammen aus Gehalt, Macht, Si- cherheit der eigenen Position und gesell- schaftlichem Status, die der Aktionäre be- steht in erster Linie im Gewinn und der Höhe des Unternehmenskapitals.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Adriano Olivetti in einer Abteilung des ICO-Werks in Ivrea. (Publifoto)

  1. Die Korrelation zwischen Umsatzhöhe und Vergütung der Manager ergibt sich aus (a) der Notwendigkeit, den Bewer- bern für Positionen der unteren und mittleren Managementebene wettbe- werbsfähige Gehälter anzubieten; (b) der hierarchischen Struktur der Unter- nehmensführung, die bei kleinen Unter- nehmen einfacher und bei grossen stär- ker untergliedert ist; (c) dem Grundsatz, dass grössere Verantwortung auch mit einer höheren Vergütung entlohnt

 

Nach Baumol streben die Manager also die Maximierung des Umsatzes an, um ihren Status als Führungskräfte eines grossen Unternehmens und die eigene, eng mit den Produktivfaktoren Humankapital, maschi- nelle Ausstattung, Technologie und Kapital zusammenhängende Macht zu stärken. Die- se Macht ist zudem auch vom Marktanteil des Unternehmens abhängig.

 

Das Wachstumsmodell des Unterneh- mens nach Robin Marris

Nach Ansicht des Ökonomen Robin Marris aus Cambridge tendiert das Unternehmen

 

 

 

 

 

Nach Marris geht es der Manager-Klasse nicht darum, die absolute Grösse des Unter- nehmens zu maximieren, sondern um die Maximierung seiner Wachstumsrate. Anna Koutsoyiannis unterstreicht, dass “Manager es vorziehen, innerhalb der im Wachstum befindlichen eigenen Organisation befördert zu werden, als in eine grössere Organisation wechseln zu müssen, wo sie als Neuling in ein feindseliges Umfeld geraten könnten”. Für Führungskräfte gehe es daher vor allem um die Maximierung der Wachstumsrate des Unternehmens als um seine reine Grösse.

 

Die Technostruktur nach John Kenneth Galbraith

Die Theorie der Technostruktur von John Kenneth Galbraith gründet auf der Über- zeugung, dass die grossen Unternehmen sich ihre Nachfrage durch Werbung, For- schung und Entwicklung selbst schaffen können. Galbraith war davon überzeugt,

 

XXV

 

Adriano Olivetti

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Arbeiter in der Olivetti- Fabrik Pozzuoli, 1958. (Cartier-Bresson)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

dass die Figur des Eigentümer-Unterneh- mers im Verschwinden begriffen ist.

 

In der Unternehmensleitung wurde die einzelne Unternehmerpersönlichkeit vom Management abgelöst, einer unzureichend definierten Ein- heit, die bei einem Grossunternehmen den Vor- sitzenden des Verwaltungsrats, den Generaldi- rektor, einige seiner Stellvertreter mit Zustän- digkeit für wichtige Geschäftsbereiche bzw. für Personalangelegenheiten, die Inhaber anderer wichtiger Leitungsfunktionen und eventuell die Abteilungsleiter umfasst […].Die Gruppe ist sehr gross; sie reicht von der Führungsspitze des Unternehmens bis hinunter zu den Meistern, Vorarbeitern und Arbeitern, deren Aufgabe darin besteht, mehr oder weniger mechanisch die ergangenen Anweisungen auszuführen und ihre Routinearbeit zu tun. Es gehören alle dazu, die zur Entscheidungsfindung durch die Grup- pe spezielles Wissen, besondere Talente oder Er- fahrungen beitragen. Diese Gruppe, und nicht das Management im engeren Sinne, ist die rich- tungsweisende Intelligenz – das Gehirn – des Unternehmens. Ich schlage vor, diese Organisa- tion als Technostruktur zu bezeichnen. (JKG).

 

Das Privatunternehmen zwischen Gewinnmaximierung und sozialer Verantwortung

Das von Vater und Sohn Olivetti geschaffe- ne Unternehmen weist mehrere der oben genannten Elemente auf und bereitet den

Weg für die Einführung verschiedener Neuerungen. Wenn von einem Unterneh- men mit “ausgeprägtem Sinn für soziale Verantwortung” die Rede ist, denkt man ge- wöhnlich an einen Unternehmer der dritten oder vierten Generation, dem unabhängig von seinen unternehmerischen Fähigkeiten erhebliche Finanzmittel zur Verfügung ste- hen. Nicht so bei Olivetti: sowohl Vater Ca- millo wie auch Sohn Adriano waren Persön- lichkeiten mit aussergewöhnlichen unter- nehmerischen Fähigkeiten. So sagt Bruno Caizzi ganz richtig (1962, S. 233):

 

Das Glück des Unternehmens in Ivrea war, dass sich dem Schicksal ein Mann wie Adriano Oli- vetti stellte, der nicht erst zum Jagen getragen werden musste. Er besass Gespür für günstige Gelegenheiten und wusste wie kein anderer Nutzen daraus zu ziehen. Sein Temperament liess ihn entschlossen die Initiative ergreifen, und seine Erfahrung trug ihn zum Ziel […].

 

Hinter allem stand also stets ein unterneh- merischer Entwurf, der weltweite Reso- nanz auslöste und dank dem 1960, im Jahr seines allzu frühen Todes, die Zahl der Mit- arbeiter seines Unternehmens  in  Italien auf 16’000 angestiegen war; hinzu kamen noch Tausende weitere Mitarbeiter im Ausland sowie die Beschäftigten der ame- rikanischen Tochtergesellschaft Under- wood (über Jahrzehnte hinweg Weltmarkt-

 

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Ein Gestalter der Zukunft

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Ansicht des Anfang der 50er Jahre nach Plänen von Luigi Cosenza errichteten Direktionsgebäudes des Olivetti-Werks in Pozzuoli.

führer bei Schreibmaschinen). Die Mana- gement-Qualitäten von Adriano Olivetti fanden weltweit Anerkennung.

 

Aus dem kleinen Betrieb in Ivrea war ein all- gemein als solide anerkanntes Unternehmen geworden. Auch im Ausland schätzte man Oli- vetti in Fachkreisen als ausgezeichnetes Un- ternehmen mit einem Chef, der vor genialen Ideen sprühte, mit hervorragenden Techni- kern und gut ausgebildeten Arbeitern, mit so- lide gefertigten, eleganten Produkten, wirksa- men Werbemassnahmen und einer Tradition korrekter, zuverlässiger Geschäftspraktiken. (CAIZZI, 1962, S. 231).

 

Adriano Olivetti engagierte sich entschlos- sen für die “soziale Verantwortung” der Unternehmen und sprengte damit die Ka- tegorien der traditionellen Unternehmens- theorie:

 

Die Fabriken, Büros und Forschungszentren waren so konzipiert, dass die Menschen im Mittelpunkt standen, “damit sie an ihrem wohlgeordneten Arbeitsplatz auf einen Ort der Befreiung trafen und nicht auf ein Räder- werk des Leidens. Deshalb wollten wir tief lie- gende Fenster, offene Höfe und Gärten mit Bäumen, um jegliche Vorstellung von Zwang und Eingeschlossenheit auszuschliessen”. (CAIZZI, 1962, S. 223).

 

Diese Einstellung lässt sich wohl auch mit der folgenden persönlichen Erfahrung er- klären:

 

Ich war gerade dreizehn, als mich mein Vater im August 1914 zum Arbeiten in die Fabrik schick- te. Dort lernte ich schon früh das Fliessband kennen und hassen; eine Qual für den Geist, der endlose Stunden im Dunkel einer alten Werks- halle eingesperrt war. Viele Jahre setzte ich den Fuss nicht mehr in die Fabrik, war entschlossen, mein Leben nicht dem väterlichen Betrieb zu widmen. Wenn ich an der roten Backsteinmau- er entlang ging, schämte ich mich meiner Frei- heit als Schüler, empfand Mitgefühl und Sorge für die, die dahinter tagein tagaus unermüdlich arbeiteten (Adriano Olivetti, zitiert nach CAIZ ZI, 1962, S. 132).

 

Adriano Olivetti ersetzte die “alte düstere Werkshalle” durch angenehme lichte Räu-

me, die der Belegschaft die Arbeit erleich- terten, er verkürzte die Arbeitszeiten und sorgte dafür, dass Mitarbeiter aller Ebe- nen eine gute Wohnung und bestmögliche Sozialleistungen erhielten. Kurz vor sei- nem Tod sagte er noch zu seinen Arbeitern und Angestellten:

 

Nachdem ich jetzt so viele Jahre mit euch allen zusammen gearbeitet habe, kann ich die sozia- len Unterschiede nur als einen Zustand be- trachten, der geändert werden muss und der mir grosse Verpflichtungen auferlegt. Wenn ich abends in meinem Büro innehalte und den Blick hinaus auf die erleuchteten Fenster der auto- matischen Dreherei werfe, wo die Arbeiter der Spätschicht ihre Aufgaben erledigen, würde ich am liebsten […] hinüber gehen und den Män- nern und Frauen an den Maschinen, die ich seit so vielen Jahren kenne, einen Gruss der Dank- barkeit entrichten (ADRIANO OLIVETTI, zitiert nach CAIZZI, 1962, S. 133f).

 

Dass die Sicherung der Arbeitsplätze für Ad- riano Olivetti wichtiger war als kurzfristiger Profit, zeigte sich in seiner Reaktion auf die kleine Rezession von 1952, als im Zuge einer weltweiten Konjunkturabschwächung auch der Büromaschinensektor erhebliche Absat- zeinbussen hinnehmen musste. Nach der da- mals gängigen Wirtschaftstheorie hätte die Leitung von Olivetti die Produktion ein- schränken und die Preise stabil halten müs- sen, um die Verluste möglichst gering zu hal- ten. Doch Adriano Olivetti reagierte anders und entschied sich sofort für eine kühne, dy- namische Expansionsstrategie. In jenem Jahr stellte sein Unternehmen in Italien 700 neue Verkäufer ein, senkte den Preis der Ma-

 

 

XXVII

 

Adriano Olivetti

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Absolventen des zweijährigen Ausbildungslehrgangs für Elektromechaniker bei einem Experiment im Labor.

 

Das Gebäude der Olivetti-Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Ivrea, erbaut 1954/55 nach Plänen von Eduardo Vittoria.

schinen und eröffnete eine ganze Reihe neu- er Filialen. Die Strategie wurde zum vollen Erfolg. Damit nahm Olivetti im Grunde die Managementtheorien vorweg, die auf eine langfristige Wachstumsmaximierung ab- stellen. Die Belegschaften von Olivetti ha- ben dem Unternehmen immer wieder für diese arbeiterfreundliche Politik gedankt. Man denke nur an die Zeit der deutschen Okkupation während des Zweiten Welt- kriegs, als die Besatzer mehrmals die Fa- brik in die Luft sprengen wollten. In der Hoffnung auf bessere Zeiten nahmen die Arbeiter damals ganze Maschinen Teil für Teil mit nach Hause. Unmittelbar nach dem Waffenstillstand brachten sie dann alles zurück in den Betrieb, und die Produktion konnte wieder aufgenommen werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch bei der Einstellungs- und Ausbil- dungspolitik ging Adriano Olivetti neue Wege. Während in der Automobilindustrie bis etwa 1970 noch das Montageband mit gering qualifizierten Arbeitern vorherrsch- te, mit entsprechenden Fehlzeiten und Mo- tivationsdefiziten, holte Olivetti bereits in den fünfziger Jahren die Spitzenabsolven- ten der Universitäten und polytechnischen Institute nach Ivrea.

 

Im Zuge der Umstrukturierung des Unterneh- mens sind mehr Techniker und Ingenieure ein- gestellt worden als normale Angestellte, mehr Facharbeiter als ungelernte Kräfte. Olivetti sucht nach gut ausgebildeten Mitarbeitern und beschäftigt immer mehr Fachschul- und Universitätsabsolventen, drängt auch bei den einfachen Arbeitern auf eine gute Schulbil- dung und trägt selbst dazu bei, dass dieses Ziel erreicht wird (CAIZZI, 1962, S. 241).

Auch hier war Adriano Olivetti Vorreiter und nahm das “japanische Modell” vorweg, mit dem seit Beginn der siebziger Jahre das Fordsche Erbe des “Fliessbands” überwun- den wurde. Nun war es ein Team von Fach- leuten, das die komplette Maschine fertigte; die repetitiven Tätigkeiten wurden von mo- dernen, hoch effizienten Industrierobotern übernommen. Schon seit den fünfziger Jah- ren investierte die Firma Olivetti einen gros- sen Teil des Gewinns in Forschung und Ent- wicklung, für hochmoderne Maschinen und für die Einstellung der besten Wissenschaft- ler. Die Verstärkung der Investitionen in Sachkapital basiert auf dem japanischen Sy- stem, das FIAT in jüngerer Zeit übernom- men und für das Werk Melfi weiterent- wickelt hat. Dort wird mit dem japanischen Produktionsmodell gearbeitet, und die Zu- lieferung der von Drittfirmen gefertigten Bauteile erfolgt on-line und just-in-time.

 

Adriano Olivetti vertrat, wie noch zu sehen sein wird, mit seinen ethischen und mensch- lichen Werten eine Einstellung, die in kras- sem Gegensatz steht zu dem Raubtierkapi- talismus, der in den beiden letzten Jahr-

 

zehnten des zwanzigsten Jahrhunderts um sich gegriffen hat. In vielen Sektoren unse- rer Wirtschaft haben das schnelle Geld, das Motto der Spekulanten, haben der freie Markt, die Wettbewerbsfähigkeit um jeden Preis ohne Rücksicht auf ethische Kriterien bereits Fuss gefasst. Das Problem dabei ist, dass der freie Markt keinen Weitblick hat. In seiner Einführung zu Stefania Bianchis Le terre dei Turconi (der Darstellung einer lom- bardischen Familie und deren Landerwer- bungen im Tessin) behandelt der Historiker

 

XXVIII

 

Ein Gestalter der Zukunft

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Ein Berufsschüler im Ausbildungszentrum für Mechaniker, 1962.

Raul Merzario den Preisbegriff in der Nord- lombardei im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert. Gewiss hängt die Preisbildung hier mit dem Weizenpreis und den unter- nehmerischen Strategien der Landbesitzer zusammen, doch zeigt die Autorin “anhand der vorliegenden Daten auf, dass der Preis in den Jahrhunderten der Moderne natürlich von wirtschaftlichen Faktoren bestimmt wird, mehr aber noch von gesellschaftlichen Kriterien wie dem Kräfteverhältnis zwi- schen den verschiedenen Klassen, der Be- deutung des Eigenverbrauchs der Bauern, den verwandschaftlichen, freundschaftli- chen oder nachbarschaftlichen Beziehun- gen zwischen Käufer und Verkäufer usw.”. Diese Grundsätze waren bis ins zwanzigste Jahrhundert typisch für unsere Gesell- schaft. Mit einigen wichtigen Ausnahmen; eine von ihnen ist die Olivetti-Dynastie, für die zuerst der Mensch kommt und dann das schnelle Geld.

 

Der Geist der Epoche

Hier scheint ein genauerer Blick auf das ge- sellschaftliche und historische Umfeld ange- zeigt, in dem Adriano Olivetti sein Projekt entwickelte und realisierte: eine Zeit, die glanzvoll und einzigartig war mit ihren wirt- schaftlichen Erfolgen, der Steigerung des Wohlstands und den Erwartungen der Men- schen an die demokratische Entwicklung. Im Grunde hatten sich die gesellschaftspoli- tischen Forderungen bereits nach dem er- sten Weltkrieg herauskristallisiert, wurden jedoch durch die grosse Krise in den dreissi- ger Jahren und mehr noch durch den Zwei- ten Weltkrieg nachhaltig ausgebremst. Erst in den fünfziger Jahren erstarkten sie wie- der und gewannen an Entschiedenheit, in der vollen Überzeugung, dass es einen An- spruch auf die Beteiligung am Wohlstand ge- be und auch die Arbeiterschaft angemessen an der Verteilung des produzierten gesell- schaftlichen Reichtums teilhaben solle. Auch hegte man die Illusion, dass auf die po- litische Demokratie mit ihrem allgemeinen Wahlrecht schliesslich auch eine echte Wirt- schaftsdemokratie folgen könne, mit mehr Mitbeteiligung der Menschen und stärkerer Berücksichtigung ihrer sozialen Bedürfnis- se. Alles war im Wachstum begriffen, nicht nur bei Olivetti: die Produktion und die Pro- duktivität ebenso wie die Löhne und die Be-

schäftigung, die Preise und der Konsum, die Ersparnisse, die Investitionen und die öf- fentlichen Ausgaben – alles nahm zu in die- sem Klima eines allgemeinen und einmali- gen Wirtschaftswunders.

 

Das philosophische Profil von Adriano Oli- vetti fügte sich nahtlos in die tragende posi- tivistische Grundstimmung dieser Epoche, bereicherte sie noch um ein ureigenes Kon- zept, das gewiss von seiner Erziehung und den Vorbildern in seiner Jugend geprägt war. Die einen nannten es Utopie, für die an- deren war es eine Vision, jedenfalls lieferte es Schubkraft für ein Unternehmenspro- jekt, das weit mehr anstrebte als nur wirt- schaftlichen Erfolg. Inmitten der allgemei- nen wirtschaftlichen Euphorie entwickelte sich so in der Turiner Industrie ein Gegen- satz zwischen zwei sehr unterschiedlichen unternehmerischen Modellen, dem der Fa- milie Agnelli und dem der Olivetti, ein Kon- flikt, der immer wieder auch mit offenem Vi- sier ausgetragen wurde. So trat Adriano Oli- vetti, für viele der rote Unternehmer”, nie dem italienischen Unternehmerverband Confindustria bei und manifestierte auf die- se Weise seinen Dissens mit der damals herrschenden Unternehmensdoktrin.

 

Als Adriano mit fünfundzwanzig in die Ver- einigten Staaten ging, war er zunächst so fasziniert vom Fordismus, dass er seinen Va- ter überredete, das Unternehmen in Ivrea komplett umzustrukturieren; gleichzeitig

 

 

XXIX

 

Adriano Olivetti

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Camillo Olivetti (1868 – 1943) in den 30er Jahren bei einer Ansprache vor der Belegschaft im Innenhof des ersten Fabrikgebäudes.

suchte er jedoch auch die rein tayloristischen Prinzipien der Arbeitsorganisation zu über- winden und setzte sie in einer Weise ein, die für die Beschäftigten weniger erniedrigend war und sie stärker in die Abläufe einband.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Natalia Ginzburg spricht in ihrer Familien- biografie Lessico famigliare (“Familienlexi- kon”) häufig von Adriano Olivetti, der ihre Schwester Paola geheiratet hatte. In einem warmen, fast psychologischen Portrait be- schreibt sie ihn als herzlich, schüchtern und linkisch. Er habe gerne Süssigkeiten geges- sen. Sie erinnert sich auch daran, wie er ihrem Vater bei der Flucht vor den Deut- schen half, oder wie er zu ihrer Familie kam, als es darum ging, Turati aus dem Haus zu bringen – aufgeregt, angstvoll und zugleich glücklich, weil er einen Menschen aus gros- ser Gefahr rettete.

 

Adrianos Heranführung an das Unterneh- mertum war einzigartig in Italien. Beide El- tern stammten aus sehr gebildeten Famili- en. Sein Vater Camillo, der Gründer der Fir- ma Olivetti, hatte im kalifornischen Stanford gelehrt. Er war ein nicht praktizierender Ju- de mit sozialistischen Ideen. Auch die Mut- ter, Tochter eines Waldenserpfarrers und anerkannten Bibelforschers, hatte grossen Einfluss auf seine Entwicklung. Eine doppel- te Matrix also, die in der Familie ein Klima der moralischen Integrität und des selbstlo- sen Einsatzes für den Nächsten schuf.

 

Die Utopie von Adriano Olivetti

Die kulturelle und philosophische Entwick- lung von Adriano Olivetti war somit vom Po- sitivismus und von der Aufklärung geprägt, von einem fordistischen Industrialismus mit sozialistischem Unterbau und von viel Ame-

rika. Typisch zwanzigstes Jahrhundert, auch wenn er am Ende des Zweiten Welt- kriegs dann schlagartig diese Gleise verläs- st. Nun reichen ihm weder der Sozialismus noch das liberale Denken. Vielmehr beginnt er, ein eigenes unternehmerisches und ge- sellschaftliches Konzept zu entwickeln, das sich zur Idee der Comunità (“Gemeinschaft”) verdichtet, zu einem Gemisch aus Utopie und Föderalismus, aus lokaler Autonomie und direkter Demokratie (sein Aufenthalt in der Schweiz während des Krieges muss ihn da sehr beeinflusst haben). Diese Idee sollte sich dann in einer politischen Bewegung und – mit den Edizioni di Comunità – auch in einem verlegerischen Projekt konkretisie- ren. Im Jahr seines Todes gab Adriano Oli- vetti auch noch sein Buch Città dell’uomo in Druck, einen Sammelband mit schriftlichen Texten und Reden zu seiner Bewegung, zur Welt der Fabrik, zu Urbanistik und Raum- planung und zu den Problemen des italieni- schen Südens, erfüllt von der Idee einer in- tegrierten, partizipatorischen und verant- wortungsvollen Gesellschaft. Und sein Handeln deckte sich mit seinem Denken. Die Fabrik in Ivrea war eins mit der Stadt, stand in einer nahezu idealen Wechselbeziehung mit ihrem Umfeld. Anders als in dem Arbei- terdorf Crespi d’Adda oder in den Arbeiter- siedlungen der Stahlwerke Falck in Sesto San Giovanni sorgte hier nicht mehr der pa- ternalistische Geist des neunzehnten Jahr- hunderts für das enge, unlösbare Band, das die Arbeiterfamilien durch unternehmens- eigene Häuser und Schulen zusammen hielt. Bei Olivetti bildeten die Einrichtungen für die Familien der Beschäftigten – von der Zeit der Schreibmaschinen Anfang des zwanzig- sten Jahrhunderts über die der Rechenma- schinen bis zur Epoche der Personal Compu- ter – ein authentisches unternehmenseige- nes Wohlfahrtsmodell.

 

Zum Entstehen der Olivetti-Legende trug ge- wiss auch die Präsenz einer ungewöhnlichen Schar von Intellektuellen bei, die eng mit Ad- riano zusammen arbeiteten: die Stadtplaner und Designer Bruno Zevi und Ettore Sott- sass, der Dichter Giovanni Giudici, der Schriftsteller Paolo Volponi (man stelle sich heute einen Schriftsteller als Personalleiter eines Unternehmens vor!), der Soziologe Franco Ferrarotti und der Literaturkritiker

 

XXX

 

Ein Gestalter der Zukunft

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Der amerikanische Soziologe Lewis Mumford besucht die Olivetti-Werke, 1957.

Geno Pampaloni. Auch der berühmte Ar- beitssoziologe Luciano Gallino war lange in Ivrea tätig. In einem Interview zu Adriano Oli- vetti im Jahr 2001 sagte er: “Ich war in Ivrea, wirkte mit beim Entstehen des Movimento di Comunità, das sich 1948 bei Olivetti bildete. Adriano liebte die Menschen, deshalb wollte er Fordismus und Sozialismus miteinander verbinden.” Auch in seinem Band L’impresa ir- responsabile (“Das unverantwortliche Unter- nehmen”) von 2005 hatte Luciano Gallino als Gegenentwurf wohl Olivetti vor Augen:

 

“Unverantwortlich” sind Unternehmen, die über ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ver- pflichtungen hinaus keinerlei weitere Verant- wortung für die wirtschaftlichen, sozialen oder ökologischen Folgen ihrer Aktivitäten gegenü- ber öffentlichen oder privaten Instanzen über- nehmen wollen […]. Arbeitsbedingungen, Prei- se, Verkehrsmittel, Freizeit, Ernährung und Organisation der Familie, ja auch die Möglich- keit, sich eine Existenz aufzubauen: wir mögen es gut heissen oder verurteilen, aber all das hängt nicht so sehr von den Entscheidungen der Regierung ab, sondern vielmehr von denen der Unternehmen […]. Doch leider wird diese soziale Verantwortung der Unternehmen allzu oft anderen Prioritäten untergeordnet.

 

Ganz anders in dem verantwortungsvollen und innovativen Konzept, das Adriano Oli- vetti 1955 in einer Rede vor seinen Arbeitern erläuterte. In dieser Rede stellte er einige Fragen, die jemandem, der den Blick auf

 

heutige Unternehmen wirft, noch immer un- beantwortet scheinen:

 

Kann sich die Industrie Ziele setzen? Sind die- se ausschliesslich im Index der Gewinne zu fin- den? Gibt es im Leben einer Fabrik jenseits des offensichtlichen Rhythmus nicht auch noch et- was, das mehr Faszination ausübt, eine Be- stimmung, eine Berufung?

 

Der Philosoph Umberto Galimberti sieht das in einem Interview für das Schweizer Fern- sehen im Februar 2010 so:

 

Olivetti würde heute nicht überleben, und er hat ja auch nicht überlebt. Wer auf den Men- schen setzt, wird verdrängt von denen, die auf das Geld setzen. Olivetti hatte einen Traum, ei- ne überaus wichtige Utopie, er schuf eine Kul- tur, die den Menschen und seine Verwirkli- chung ins Zentrum des Produktionsprozesses rückte. Die von der Industrie forderte, die Ge- sellschaft im Blick zu halten. Und hier setzt der Einwand, den ich gegenüber Olivetti vorbrin- gen würde, an – nicht, weil ich seine Absicht nicht teile, sondern weil ich sehe, wie heute un- sere Gesellschaft funktioniert: Sie funktioniert genau wie die technischen Getriebe, in die die Menschen integriert werden als kleine Räder und nicht als Wesen mit Wünschen und Sehnsüchten und mit einem eigenen Willen. Darin bestand die Utopie von Adriano Olivetti.

 

Der Mensch im Mittelpunkt des Unternehmens

Der Mensch, genau. Der Mensch nicht als Teil eines Getriebes, der im Zusammenwir- ken mit den anderen Teilen des Räderwerks immer rascher und produktiver funktionie- ren soll, sondern der Mensch als Individuum mit eigenständigem Denken, mit eigenen Problemen, mit Erwartungen und Träumen. Der natürlich arbeiten soll, aber doch nicht in einer Fabrik, die einem Gefängnis gleicht, sondern in einer “Fabrik-Gemeinschaft” mit ausserordentlichen Ergebnissen und mit technischen Lösungen, die ihrer Zeit weit voraus sind. Auf der anderen Seite, bei der Familie Agnelli, materialisierte sich der itali- enische Traum in einem nagelneuen Auto und in der Arbeit am Montageband. Hart, umstritten, aber stabil. Kaum Wissen, viel Mühe und vor allem wenig Denken, im per- fekten Stil des Fordismus.

 

XXXI

 

Adriano Olivetti

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Im Jahr 2005 erschien unter dem vielsagen- den Titel “Menschen und Arbeit bei Olivetti” (Uomini e lavoro alla Olivetti, hrsg. von Fran- cesco Novara in Zusammenarbeit mit Rena- to Rozzi und Roberto Garruccio) ein Buch zu dem Traum von Adriano Olivetti, der mitt- lerweile definitiv ausgeträumt ist. Hier kommt eine Reihe von Menschen zu Wort, die zu seinen Lebzeiten und danach als Arbeiter, Ingenieure, Architekten oder Berater in un- terschiedlicher Weise zum Projekt Olivetti beigetragen haben und Zeugnis über ihn und sein Wirken ablegen, um die Erinnerung an den Menschen zu bewahren, um sie dem Schweigen zu entreissen und so zu dem bei- zutragen, was inzwischen zu Recht der “My- thos Olivetti” genannt wird. Eine gesell- schaftliche Erinnerung. Dutzende von Stim- men: da findet sich auch beissende Kritik, mehr oder weniger direkt an seine Nachfol- ger gerichtet, die sein industrielles Juwel de- montiert haben, bis es nur noch Traum und Utopie war. Es klingt mit Verlaub wunderlich, wer sich heute alles zum überzeugten “Oli- vettianer” erklärt, ohne seine Werte im ge- ringsten zu teilen. Unter den vielen Stimmen ist eine, die bereits in der Einführung zum Buch hervorsticht und wie ein Epitaph klingt:

 

Während in anderen Firmen der einzelne Arbei- ter in einer anonymen Masse verschwand, blieb er bei Olivetti ein Individuum und wurde als sol- ches anerkannt, als ein Mensch mit seiner eige- nen Geschichte und seinem eigenen Arbeitsleben.

 

Der kürzlich verstorbene Francesco Nova- ra war als enger Mitarbeiter von Adriano Olivetti von den fünfziger Jahren bis 1992 für das industriepsychologische Zentrum bei Olivetti verantwortlich. Als Herausge- ber des Bands widmet er dem Unterneh- men und seinem geistigen Kopf in seinem Vorwort mit dem Titel “The Day After” ei- ne Art Nachruf, der mit den folgenden kriti- schen Worten endet:

 

An die Stelle von Unternehmern, die die Zu- kunft gestalteten, sind heute Börsenspekulan- ten und Möchtegern-Monopolisten getreten, blinde Verfechter des shareholder value, die mit Firmenpyramiden und wechselseitigen Ka- pitalbeteiligungen jonglieren. An diese Welt der entwürdigten Arbeit in einer desorientierten, zerrissenen Gesellschaft, den Zufällen einer

ums Geld zentrierten Wirtschaft hörig, richtet der Chor der Zeugen in diesem Band seine Stim- me. Sie erinnern an die dauerhafte Gültigkeit der Gründe für den Erfolg des Unternehmens: seiner Verantwortung und seiner stetigen Inno- vationsfähigkeit, zugleich kühn und realistisch, phantasievoll und rational, verpflichtet der Qualität der Erzeugnisse, der Qualität des Ar- beitslebens und der Verbesserung des gesell- schaftlichen Lebens.

 

Ist möglicherweise das eine oder andere der vielen Attribute, mit denen Adriano Olivetti in den fünfzig Jahren seit seinem Tod be- dacht wurde, übers Ziel hinausgeschossen? Roter Unternehmer, Pionier der Innovation, Iko- ne eines anderen Kapitalismus, aufgeklärter Ar- beitgeber und so weiter? Definitionen, die ihm selbst wohl kaum gefallen hätten, die geprägt sind vom Pathos der zeitlichen Distanz, wie es typisch ist für die Beschreibung eines Menschen, der als Leiter eines Grossunter- nehmens mit Zigtausenden Beschäftigten mitten aus einem höchst aktiven Leben ge- rissen wurde. Sicher muss man auch einräu- men, dass es zumindest in Italien wohl keine historische Grösse gab, industriell wie kultu- rell, die so zum Mythos werden konnte wie Adriano Olivetti und sein Unternehmen. Quasi als Kontrapunkt ist er heute aktueller denn je, ist er mit seinen unerschütterlichen Werten wieder präsent in einem Panorama von Wirtschaft und Produktion, das oft un- verständlich, wirr und ziellos erscheint und heute umstrittener ist als je zuvor.

 

Der Historiker Indro Montanelli antwortete einem Leser auf die Frage, worin die Einzig- artigkeit von Adriano Olivetti bestanden ha- be, mit den folgenden Worten:

 

[…] wollte ein völlig neues Unternehmensmo- dell entwickeln, das Kapital und Arbeit mit- einander verbinden sollte. Darin bestand das Ideal oder die Fata Morgana der “Gemein- schaft”, die Olivetti sich vorstellte, nur dass er wohl nicht mit den Widerständen rechnete, auf die seine Idee sowohl bei den Arbeitgebern wie bei den Gewerkschaften treffen sollte, die beide vom Gegensatz ihrer Interessen leben. […] Olivetti war sich dieses Gegensatzes durchaus bewusst, aber er war überzeugt da- von, ihn überwinden zu können. Das war das wirklich Utopische an seiner Idee.

 

XXXII

 

Ein Gestalter der Zukunft

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Adriano Olivetti bei einer Rede in der “Salone dei 2000” genannten Halle des Werks Ivrea,

  1. Oktober

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Bild von Adriano Olivetti, das ihm selbst vielleicht am besten gefallen hätte, auch wenn es etwas rätselhaft und nostal- gisch scheint, finden wir wieder bei Nata- lia Ginzburg:

 

Zur Zeit der deutschen Besatzung begegnete ich ihm eines Tages in Rom. Er war zu Fuss un- terwegs, allein, mit seinem Vagabundenschritt, die Augen verloren in seinen ewigen Träumen, von blauen Nebeln verschleiert. Er war wie al- le anderen Passanten gekleidet, aber in der Menge sah er aus wie ein Bettler – und gleich- zeitig auch wie ein König. Wie ein König im Exil sah er aus.

 

  • Mauro Leo Baranzini, Ordentlicher Professor für Volkswirtschaft an der Universität der italieni- schen Schweiz in Lugano und Mitglied des Istituto Lombardo, Accademia Scienze e Lettere, Milano

 

  • Fabrizio Fazioli, promovierter Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler (Universität Neuen- burg), Journalist und Ehemaliger verant- wortlicher Redaktor des Wirtschaftsressorts und der Wirtschaftssendung “Micromacro” des Fernsehens der italienischen Schweiz RSI. Zur- zeit als Dozent für Volkswirtschaft sowie als Mit- arbeiter bei verschiedenen internationalen Pro- jekten tätig.

Bibliografische  Hinweise

 

MAURO L. BARANZINI, Giandemetrio Ma- rangoni, Sergio Rossi, Micro- e Macro-Econo- mia, Cedam, Padova 2001.

 

BRUNO CAIZZI, Gli Olivetti, UTET, Torino 1962.

 

LUCIANO GALLINO, L’impresa responsabile. Un’intervista su Adriano Olivetti, Einaudi, Torino 2001.

 

LUCIANO GALLINO, L’impresa irresponsabile,

Einaudi, Torino 2005.

 

NATALIA GINZBURG, Lessico famigliare, Einau- di, Torino 1963.

 

RAUL MERZARIO, Prefazione in Stefania Bian- chi, Le terre dei Turconi, Dadò, Locarno 1999.

 

FRANCESCO NOVARA, Renato Rozzi, Roberta Garruccio (Hrsg.) Uomini e lavoro alla Olivet- ti, Mondadori, Milano 2005.

 

ADRIANO OLIVETTI, Città dell’uomo, Edizioni di Comunità, Milano 1959.

 

 

 

 

 

XXXIII

 

Ein Gestalter der Zukunft

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“Comunità” und Kantone – auf der Suche nach politischer Freiheit

 

von Davide Cadeddu*

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Links:

Adriano Olivetti an seinem Arbeitstisch, 1958.

 

Auf dieser Seite:

Zur Zeit des Faschismus galt Adriano Olivetti als “Subversiver” (Bild aus: “Storia Illustrata”,

  1. Mondadori Editore).

 

Adriano Olivetti

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Aus einer Druckerei in Samedan im Ober- engadin gelangte im September 1945 die endgültige Ausgabe von L’ordine politico delle Comunità nach Ivrea. Mit der Arbeit an diesem Buch hatte sich Adriano Olivetti seit 1942 befasst, im Schweizer Exil brachte er sie zum Abschluss. Als Mann des Dialogs hatte er vor der Veröffentlichung seines Werks – das als geistige Leitlinie für seine gesamten späteren Aktivitäten dienen soll- te – eine Vielzahl an Leuten zu Rate gezo- gen. Spuren davon finden sich in seinen schriftlichen Erinnerungen, in seiner priva- ten Korrespondenz und in den Dokumen- ten, die seit kurzem in italienischen und aus- ländischen Staatsarchiven zugänglich sind. Durch Studium, Beobachtung und Dialog suchte er zu erkennen, welche institutionel- len Formen geeignet wären, in einem Staat mit einem sozialistischen Wirtschaftssy-

ner Sekretärin Wanda Soavi in die Schweiz emigrierte, die Carabinieri und den italieni- schen Militärgeheimdienst dicht auf den Fer- sen. Nachdem ihnen nach mehrmonatiger Haft im römischen Gefängnis Regina Coeli eine tollkühne Flucht gelungen war, standen sie auf den Fahndungslisten, weil sie versucht hatten, eine Begegnung zwischen den Alliier- ten und den antifaschistischen Kräften, den italienischen Streitkräften, dem diplomati- schen Dienst des Vatikans und dem Königs- haus zu vermitteln. Nachdem Olivetti im Ju- ni 1943, vor allem auf Empfehlung von Egidio Reale, Agent Nr. 660 des Office of Strategic Services geworden war, fand er auch beim Special Operations Executive mit dem Code- namen “Brown” Gehör. Die Alliierten hielten ihn zwar für eine wertvolle und vertrauens- würdige Quelle, doch ihre strategischen Plä- ne waren nicht mit den Vorschlägen zu ver-

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von links nach rechts:

 

  1. Olivetti,

Citta dell’uomo, 1960.

Verschiedene Autoren, Il Dio che è fallito, 1950.

  1. Olivetti,

Fini e fine della politica, 1949.

stem die Freiheit zu garantieren.1

Die Schweiz wurde für Olivetti zum Ort der Begegnungen und der Inspiration, als “Freundesland” hatte sie sich bereits früher erwiesen. In den dreissiger Jahren hatte Oli- vetti hin und wieder in Genf den Antifaschi- sten Guglielmo Ferrero frequentiert, und in Zürich war er wahrscheinlich auch Ignazio Silone begegnet. Ferrero eröffnete ihm die Möglichkeit, den politischen Philosophen Umberto Campagnolo kennen zu lernen, der eine zentrale Rolle beim Entstehen sowohl der Werksbibliothek der Firma Olivetti als auch des Verlagshauses Nuove Edizioni Ivrea (Vorläufer der bekannteren Edizioni di Co- munità) spielte, und Silone dürfte ihn mit grosser Wahrscheinlichkeit im Januar 1943 mit dem amerikanischen Geheimdienst in Kontakt gebracht haben.

Es waren unruhige Zeiten vom Herbst 1942

bis zum Februar 1944, als er in Begleitung sei-

einbaren, die Olivetti unmittelbar nach sei- ner Grenzüberquerung kundtat.2 So lässt sich allgemein feststellen, dass “angesichts des dominierenden Verhaltens der Englän- der und der fehlenden Entschlossenheit auf italienischer Seite […] von Mitte 1942 bis zum Sturz Mussolinis im Juli 1943 keine konkrete Chance für einen Separatfrieden zwischen Italien und den Alliierten bestand”.3

In diesen Monaten verstärkte Olivetti nicht nur sein Engagement im Kampf gegen die Fa- schisten, sondern erarbeitete auch einen Plan für eine Reform der staatlichen und ge- sellschaftlichen Institutionen – in dessen Zentrum die territoriale Einheit der “Comu- nità” stand – und legte ihn Gesprächspart- nern aus dem In- und Ausland zur Bewer- tung vor.4 Nach der Flucht in die Schweiz, die ihn zunächst über San Pietro di Stabio nach Lugano geführt hatte, hielt er sich vor allem im Hotel Chesa Guardalej in Champfèr auf,

 

XXXVI

 

Ein Gestalter der Zukunft

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wenige Kilometer von St. Moritz. An die- sem Ort liess er seine Ideen, die er bereits im Mai 1943 in seinem Memorandum sullo Stato Federale delle Comunità in Italia vorge- stellt hatte, durch eigene Reflexion und den Meinungsaustausch mit vielen anderen exi- lierten Antifaschisten weiter reifen.

In Champfèr waren allerdings die Möglich- keiten zum Gedankenaustausch gering. Dank wiederholter Reisebewilligungen der Schweizer Behörden konnte sich Olivetti je- doch nach Zürich, Lugano, Basel, Bern, Lau- sanne und vor allem nach Genf begeben, um dort Freunde oder auch flüchtige Bekannte zu treffen. In Genf begegnete er sogar einigen jungen Mitarbeitern seines Verlags wieder: Luciano Foà, der dann in den sechziger Jah- ren zum Aufbau der Edizioni Adelphi beitrug, und Giorgio Fuà, der einer der grössten itali- enischen Wirtschaftswissenschaftler der

auch die Schweiz, die ihm Anlass zu solchen Überlegungen gab. So beschrieb er die Funktion, die die “Comunità” haben sollte, als eine “Anpassung der Schweizer Kantone an die italienischen Verhältnisse”: in ihrer perfekten Ausformung wäre sie in der Lage, “die komplexen Aufgaben einer modernen Gesellschaft zu erfüllen”. Denn während die Schweizer Kantone “ausschliesslich aus hi- storischen Gründen” entstanden seien, ohne Berücksichtigung der “wirtschaftlichen Ge- gebenheiten oder einer logischen Verwal- tungsstruktur”, basiere das Konzept seiner “Comunità” auf einer rationalen Grundlage, die bewusst nicht nur die historisch-geogra- fischen, sondern auch wirtschaftliche und politischer Aspekte einbeziehe. Insbesonde- re würden aufgrund der Deckungsgleichheit von wirtschaftlicher Einheit, Verwaltungs- bezirk und Wahlkreis für die Wahl des Präsi-

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von links nach rechts: Schumpeter,

Capitalismo, socialismo e democrazia, 1955.

  1. Mumford, La condizione dell’uomo, 1957.

Kierkegaard,

Scuola di cristianesimo, 1960.

zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhun- derts werden sollte. Das erzwungene Exil gab Olivetti die Möglichkeit zum Meinungs- austausch mit Persönlichkeiten wie den Fö- deralisten Ernesto Rossi, Egidio Reale, Luigi Einaudi und Altiero Spinelli oder den Sozia- listen Ignazio Silone, Guglielmo Usellini, Alessandro Levi, Edgardo Lami Starnuti und Ugo Guido Mondolfo – die institutionelle Ver- bindung von Föderalismus und Sozialismus war denn auch sein wichtigstes Ziel.5 Olivettis Idee der “Comunità” (wörtl. Ge- meinschaft, in seiner territorial geprägten Vorstellung eine Art kleine Provinz) grün- dete einerseits in seiner Heimatregion, dem Canavese, und andererseits in einigen politi- schen Gebilden im Ausland. Dabei galt seine Aufmerksamkeit vor allem den Staaten mit föderaler Struktur und politisch autonomen lokalen Körperschaften. Neben den USA und dem Vereinigten Königreich war es

denten der “Comunità” sowie ihres zukünfti- gen Parlamentsabgeordneten die Funktio- nen der Interessenvertretung und der demokratischen Repräsentanz zusammen- fallen. Die lokale Körperschaft der “Comu- nità” sollte “die Grösse eines durchschnittli- chen Kantons” haben, vor allem aber an tra- ditionellen italienischen Einheiten wie der Diözese, dem Bezirk, dem Landkreis oder dem Wahlkreis ausgerichtet sein6. Die Vita- lität und Effizienz der Schweizer Kantone böten eine Garantie für die Zukunft der “Co- munità” in Italien, die auf “denselben ver- waltungstechnischen Prinzipien” aufzubau- en sei.7 Durch den Zusammenschluss meh- rerer “Comunità” würden auf der Grundlage identischer demografischer, hi- storisch-geografischer, wirtschaftlicher und verwaltungstechnischer Kriterien die Re- gionen entstehen, und auf deren Grundlage schliesslich der italienische Bundesstaat.8

 

XXXVII

 

Adriano Olivetti

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Luigi Einaudi teilte Olivettis Plan der “Comu- nità” weder in politischer noch in ökonomi- scher Hinsicht, hielt ihn aber als verwaltung- stechnisches Instrument zur Lösung vieler Probleme der italienischen Politik für sehr geeignet. Dank seines kritischen Beitrags, den er im Rahmen einer freimütigen, teilwei- se auch heftigen Kontroverse leistete, ent- schärfte Olivetti einige korporativistische Aspekte seines Originalprojekts, auch wenn es sich um einen dynamischen und von sei- nem Wesen her demokratischen Korporati- vismus handelte. Beide waren jedoch über- zeugt, dass der Stolz auf die Zugehörigkeit zu einem territorial oder funktional klar defi- nierten Gemeinwesen mit einer begrenzten Zahl von Bewohnern zwingend zur Stärkung des Verantwortungsgefühls der Einzelnen führen würde, das durch totalitäre Regimes und Massenparteien geschwächt, wenn nicht

der politischen Lage in Italien ohne Folgen, und erst nach Kriegsende erfreuten sie sich in den Sitzungen der Verfassungskommissi- on einer neuen Aktualität, fanden jedoch kein Gehör.10

Nach Abschluss seiner konzeptionellen Ar- beit wollte Adriano Olivetti Ende 1944/An- fang 1945 sein Memorandum sullo Stato Fe- derale delle Comunità unter einem Pseudo- nym im Verlag Nuove edizioni di Capolago veröffentlichen. Doch die angestrebte Zu- sammenarbeit mit diesem angesehenen Ver- lag, der 1936 auf Initiative von Gina Ferrero Lombroso, Egidio Reale und Ignazio Silone11 entstanden war, kam nicht zustande: man wurde sich über vieles nicht einig, es kam laufend zu inhaltlichen Änderungen, und schliesslich sollte der Druck allein auf Ko- sten des Autors erfolgen.12 Soweit es den Briefwechseln mit Odoardo Masini, Gugliel-

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von links nach rechts:

 

  1. Berdiaev, Spirito e libertà, 1947.

Barsotti,

La fuga immobile,

1957.

 

  1. Beveridge, L’azione volontaria, 1954.

gar zerstört worden war.9

Im November 1944 schien sich eine Möglich- keit für die Anknüpfung des Dialogs zwi- schen Einaudi und Olivetti an die konkreten politischen Ereignisse im Norden Italiens zu ergeben. Altiero Spinelli hatte im Namen des Partito d’Azione seinen berühmten offenen Brief an alle im Nationalen Befreiungskomi- tee vertretenen Parteien (Lettera aperta del Partito d’Azione a tutti i partiti aderenti al Co- mitato di Liberazione Nazionale) verfasst. Un- mittelbar danach wandte er sich im Namen des Exekutivaussschusses der Partei an Ein- audi und Olivetti mit der Bitte, einen Plan für den Wiederaufbau des italienischen Staates zu entwerfen und darin auch die autonomi- stische These auszuarbeiten, die Einaudi in seinem Artikel “Fort mit dem Präfekten” (Via il prefetto!) vertreten hatte, wo auch die Idee der “Comunità” aufschien. Die beiden Antworten blieben infolge der Entwicklung

mo Usellini, Paola Carrara Lombroso und Egidio Reale entnommen werden kann, scheint es zu Spannungen zwischen Olivetti und den Ferreros gekommen zu sein, denen er 1943 versprochen hatte, die Verlagstätig- keit zu übernehmen.13 Vielleicht auch des- halb erschien nach Kriegsende als eines der ersten Bücher der Edizioni di Comunità Guglielmo Ferreros Potere, mit einer Ein- führung von Umberto Campagnolo.

Als der Druck von Olivettis Memorandum un- mittelbar bevorzustehen schien, beschloss Ernesto Rossi, dem Autor alle seine Vorbe- halte gegen die Veröffentlichung mitzuteilen. Er schickte ihm nicht nur die Druckfahnen mit all seinen Randbemerkungen zurück, sondern schrieb ihm auch zwei Briefe, die ein seltenes Zeugnis von seiner Loyalität und seinem intellektuellen Respekt ablegen. Mit seiner ihm eigenen Offenheit vertrat der streitbare Ökonom die Ansicht, das Buch sei

 

XXXVIII

 

Ein Gestalter der Zukunft

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“viel zu schwer zu lesen”, und werde “nur sehr wenige Leser finden”, auch wenn viele, ohne es gelesen zu haben, erklären würden, es sei “sehr interessant”. Mit anderen Wor- ten: Er sah voraus, was sich dann bewahr- heiten sollte. Rossi erahnte auch bereits den Vorwurf des Utopismus, der – vom Kriegs- ende bis heute – immer wieder gegen Olivet- tis politisches Denken erhoben wurde: “Was Sie zur christlichen Moral äussern, nämlich, dass sie bestimmend sein solle für das Han- deln der Verwaltungsorgane, wird dem nor- malen Leser allzu naiv erscheinen”. Denn “die moralischen Gründe des Handelns än- dern sich auch bei einer Änderung der poli- tischen Ordnung nicht oder zumindest nur wenig”. Er schloss mit den Worten: “die Be- hauptung, ohne einen umfassenden morali- schen Wandel dergestalt, dass der Geist der Nächstenliebe das Werk der sozialen Ge-

Paola Levi mit ihren Kindern und für seinen Bruder Massimo mit seiner Familie um Auf- nahme in der Schweiz. Zu diesem Zweck nahm er vom März 1944 an auch Kontakt mit der Schweizer Arbeiterhilfe in Lugano auf18, sprach dort vor allem mit Ferdinando Santi und Guglielmo Canevascini19. Im Mai 1944 schrieb er Santi, dass seine gesamte Familie sich “infolge einer angekündigten Verschär- fung der Rassengesetze” ganz unvorhergese- hen für die Ausreise in die Schweiz entschei- den könnte. Das betraf vor allem Adrianos Schwester Elena, deren Mann Arrigo Italien soeben verlassen hatte, und ihre Kinder Vit- torio, Luisa und Camillo.20

Von Champfèr aus gelang es Olivetti zumin-

dest zum Teil, den antifaschistischen Wider- stand in seiner Fabrik in Ivrea zu steuern, und manchen jungen Menschen, die in die Schweiz emigrieren wollten, erleichterte er

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von links nach rechts: Kierkegaard,

Timore e tremore,

1948.

 

  1. Weil,

La condizione operaia, 1952.

  1. Mounier, Rivoluzione persona- lista e comunitaria, 1949.

rechtigkeit vollendet, wäre die Comunità ein Gebilde ohne Seele, würde nach meiner An- sicht den Wert Ihrer Vorschläge mindern, denn viele Menschen sind überzeugt davon, dass ein solcher Wandel nicht stattfinden wird”.14 Doch für grundlegende Änderungen am Manuskript war es zu spät. Das Memo- randum war bereit zur Veröffentlichung und sollte unter dem Titel L’ordine politico delle Comunità erscheinen. Nach Meinung des Au- tors war es ein “persönlicher Beitrag und nicht das Glaubensbekenntnis einer Par- tei”15. Es war der bedeutungsvolle Abschluss einer Zeit, die Olivetti nachgerade aus politi- schen Gründen im Exil verbracht hatte.16 Für die faschistischen Behörden war Adriano Olivetti ein “Arier”. Alle übrigen Mitglieder seiner Familie galten als Juden, mit Ausnah- me der Schwester Elena und natürlich der Mutter.17 Soweit es ihm möglich war, bemüh- te er sich deshalb für seine geschiedene Frau

die Aufnahme, indem er sich gegenüber der Schweizer Arbeiterhilfe für ihre antifaschi- stische Einstellung verbürgte.21 Als Dank für die Unterstützung der Arbeiterhilfe für ihn und seine Angehörigen spendete er der Or- ganisation Geld für die Hilfeleistungen zu- gunsten der Kinder in den soeben befreiten Gebieten Italiens, vor allem im Val d’Ossola, wo im September 1944 von dem Geld Le- bensmittel und lebensnotwendige Güter ge- kauft wurden.22 Was die Verantwortlichen der Schweizer Arbeiterhilfe zu ihrem Enga- gement bewegte (auch schon vor dieser Hilfsaktion), lässt sich vielleicht am ehesten mit den Worten von Ferdinando Santi zu- sammenfassen, der Olivetti im Juli 1944 schrieb: “Bitte sprechen Sie nicht von Hilfs- bereitschaft, auf die Sie und Ihre Familie in der Schweiz trafen. Das Wenige, was getan wurde, war nur recht und billig, wenn man be- denkt, was Sie alles getan haben. Mir persön-

 

XXXIX

 

Adriano Olivetti

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lich kommt hier überhaupt kein Verdienst zu: das ganze Leitungskomitee hat sich um Sie gekümmert, so wie um viele andere auch, die sich nicht so verdient gemacht haben”.23 Nachdem er L’ordine politico delle Comunità in Druck gegeben hatte, sah Olivetti den rech- ten Zeitpunkt für eine politische Aktion “di- rekter Natur” gekommen. Aus diesem Grund hatte er Guglielmo Usellini anvertraut, dass es “unter den gegebenen politischen Um- ständen, wo heftige Auseinandersetzungen unmittelbar bevorstehen”, die einzige logi- sche Schlussfolgerung für ihn sei, sich der so- zialistischen Partei anzuschliessen, der ein- zigen Partei, die aufgrund der geistigen Aus- richtung ihrer wichtigsten Vertreter und ihrer konkreten Politik seinem eigenen Stre- ben entsprach: “einer geistigen und organi- satorischen Erneuerung der sozialistischen Bewegung”.24 Einen Monat, nachdem er sich durch Vermittlung von Ernesto Rossi dem Movimento federalista europeo angeschlossen hatte25, trat er, noch in der Schweiz, dem Par- tito socialista italiano di unità proletaria bei. Doch bald nach der Rückkehr nach Italien brachten ihn seine in der Feuerprobe des Krieges gereiften politischen Vorstellungen dazu, eine autonome politische Gruppe zu gründen und ihre Leitung zu übernehmen: das Movimento Comunità.26

Die gesellschaftlichen Strukturen, die er in

der Schweiz beobachten und persönlich er- fahren konnte, lieferten ihm konkrete Bei- spiele für viele der Reformideen, die in ihm gärten und für deren Verwirklichung er sich in den fünfziger Jahren mit grossem Engage- ment einsetzte. In seinem unerwarteten En- de findet sich deshalb vielleicht – wie so oft bei Legenden – der Sinn seiner ganzen Geschich- te. Nach einem Leben, das sich im Bemühen um die dialektische Weiterentwicklung vor- bildlicher Ideen und um die Suche nach bei- spielhaften Erfahrungen stets an der Zukunft orientiert hatte 27, starb Adriano Olivetti im Februar 1960 während einer Zugfahrt nach Lausanne, in dem Land, das es ihm und vielen anderen grossen Geistern in schwierigen Jah- ren ermöglicht hatte, die eigenen Gedanken frei zum Ausdruck zu bringen.

 

* Davide Cadeddu, Historiker,  Forscher und Experte in Geschichte der politischen Theorien an der Universität Mailand, Berater der Société Européenne de Culture,

Redaktor am Istituto per la scienza dell’am- ministrazione pubblica und Koordinator der Zeitschrift “Comprendre. Revue de politique de la culture”.

 

1 Siehe D. CADEDDU, Adriano Olivetti politico, Edizioni di Storia e Letteratura, Roma 2009.

 

2 Zur geheimdienstlichen Tätigkeit von Adriano Olivetti siehe D. CADEDDU, Intro- duzione, in A. OLIVETTI, Stato Federale delle Comunità. La riforma politica e sociale negli scritti inediti (1942-1945), kritische Ausga- be, hrsgg. von D. CADEDDU, FrancoAngeli, Milano 2004; und M. BERETTINI, La Gran Bretagna e l’antifascismo italiano. Diploma- zia clandestina, Intelligence, Operazioni spe- ciali (1940-1943), Vorwort von M. de Leo- nardis, Le Lettere, Firenze 2010, S. 122-129.

 

3 E. AGA ROSSI, Una nazione allo sbando. L’ar- mistizio italiano del settembre 1943 e le sue con- seguenze, Il Mulino, Bologna 2003, S. 59-60.

 

4 Siehe dazu die Überlegungen in La rifor- ma politica e sociale di Adriano Olivetti (1942- 1945), hrsgg. von D. CADEDDU, Fondazione Adriano Olivetti, Roma 2005.

 

5    Zur antifaschistischen Emigration siehe

  1. GAROSCI, Storia dei fuorusciti, Laterza, Bari 1953; E. SIGNORI, La Svizzera e i fuoru- sciti italiani. Aspetti e problemi dell’emigra- zione politica 1943-1945, Vorwort von G. Spa- dolini, FrancoAngeli, Milano 1983; R. BROG- GINI, Terra d’asilo. I rifugiati italiani in Svizzera. 1943-1945, il Mulino, Bologna 1993; dieselbe, La frontiera della speranza. Gli ebrei dall’Italia verso la Svizzera 1943-1945, Mon- dadori, Milano 1998.

 

6 A. OLIVETTI, L’ordine politico delle Comu- nità, V, 3, (c).

 

Ebd., II, 1.

 

8 Zur politischen Philosophie von Adriano Olivetti siehe D. CADEDDU, Il valore della poli- tica in Adriano Olivetti, Fondazione Adriano Olivetti, Roma 2007.

 

9 Vgl. D. CADEDDU, Del liberalismo di Luigi Einaudi. Tre esercizi di lettura, Cuem, Milano 2007, S. 65-94.

 

XL

 

Ein Gestalter der Zukunft

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10 Vgl. ebd.

 

11 Siehe R. CASTAGNOLA ROSSINI, Incontri di spiriti liberi. Amicizie, relazioni professionali e iniziative editoriali di Silone in Svizzera, Lacai- ta, Manduria-Bari-Roma 2004.

 

12 Vgl. Brief von Olivetti an Odoardo Masini (Champfèr, 13. Dezember 1944) im Archiv des interdisziplinären Forschungs- und Doku- mentationszentrums der Universität Pavia zur Geschichte des zwanzigsten Jahrhun- derts: fondo Guglielmo Usellini, Fal. G, doc. 111 (weitere Kopie im zentralen Staatsarchiv Rom: fondo Egidio Reale, b. 4, fasc. «118 Adri- ano Olivetti»).

 

13 Vgl. CASTAGNOLA ROSSINI, Incontri di spiriti liberi, a.a.O., S. 115, und Brief von Olivetti an Reale vom 16. Februar 1945, im zentralen Staatsarchiv Rom: fondo Egidio Reale, b. 4, fasc. «118 Adriano Olivetti».

 

14 Brief von Rossi an Olivetti vom 31. März 1945, in Historical Archives of the European Union, Firenze: fondo Ernesto Rossi, vol. 22, fasc. «Adriano Olivetti».

 

15 Brief von Olivetti an Rossi vom 9. April 1945, in Historical Archives of the European Union, Firenze: fondo Ernesto Rossi, vol. 22, fasc. «Adriano Olivetti».

 

16 Vgl. “Fragebogen” der Polizeiabteilung im Eidgenössischen Justiz- und Polizeideparte- ment, S. 11, im Schweizerischen Bundesar- chiv, Bern, E 4264 1985/196, Bd. 1763, Dossier

«N 20629 Olivetti Adriano 11.4.01 Italien».

 

17 Vgl. V. OCHETTO, Adriano Olivetti, Monda- dori, Milano 1985, S. 103.

 

18   Vgl. Brief von Olivetti an Santi vom

  1. März 1944, in D. CADEDDU, Adriano Oli- vetti e la Svizzera (gennaio 1943 – settembre 1945), in Spiriti liberi in Svizzera. La presenza di fuorusciti italiani nella Confederazione neg- li anni del fascismo e del nazismo (1922-1945). Atti del convegno internazionale di studi. Asco- na, Centro Monte Verità. Milano, Università degli Studi. 8-9 novembre 2004, hrsgg. von
  2. Castagnola, F. Panzera und M. Spiga, Franco Cesati, Firenze 2006, S. 227.

19 Eine Überblicksdarstellung findet sich in

  1. VALSANGIACOMO COMOLLI, Storia di un lea- der. Vita di Guglielmo Canevascini 1886-1965, Fondazione Pellegrini-Canevascini – Fonda- zione Miranda e Guglielmo Canevascini, oh- ne Ort [Lugano] 2001.

 

20 Vgl. Brief von Olivetti an Santi vom

  1. Mai 1944, in CADEDDU, Adriano Olivetti e la Svizzera, a.a.O.., S. 231-232.

 

21 Vgl. Brief von Olivetti an die Schweizer Arbeiterhilfe vom 22. April 1944, in CADEDDU, Adriano Olivetti e la Svizzera, a.a.O., S. 230.

 

22 Vgl. die Briefe von Olivetti vom 26. Sep- tember und 13. Dezember 1944 sowie den Brief an die Schweizer Arbeiterhilfe vom

  1. Oktober 1944, in CADEDDU, Adriano Olivet- ti e la Svizzera, a.a.O.., S. 236-238.

 

23 Brief von Santi an Olivetti vom 1. Juli 1944, in CADEDDU, Adriano Olivetti e la Svizzera, a.a.O., S. 233.

 

24 Brief von Olivetti an Usellini vom 23. März 1945, im Archiv des interdisziplinären For- schungs- und Dokumentationszentrums der Universität Pavia zur Geschichte des zwan- zigsten Jahrhunderts: fondo Guglielmo Uselli- ni, Fal. B, fasc. 1, doc. 4.

 

25 Vgl. Brief von Olivetti an Rossi vom l

  1. März 1945, in Historical Archives of the Eu- ropean Union, Firenze: fondo Ernesto Rossi, vol. 22, fasc. «Adriano Olivetti».

 

26 Siehe dazu A. OLIVETTI, Fini e fine della po- litica. Democracy without political parties. Con un discorso inedito, eingeleitet und herausge- geben von D. Cadeddu, Rubbettino, Soveria Mannelli 2009.

 

27 Eine kurz gefasste biografische Darstel- lung findet sich bei D. CADEDDU, «Humana civilitas». Profilo intellettuale di Adriano Oli- vetti, in G. SAPELLI – D. CADEDDU, Adriano Olivetti. Lo Spirito nell’impresa, Il Margine, Trento 2007.

 

 

XLI

 

Ein Gestalter der Zukunft

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Die Fondazione Adriano Olivetti

 

von Laura Olivetti*

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

“Non solum in memoriam, sed in intentionem”.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Links:

Adriano Olivetti mit seiner Tochter Laura, 1955.

 

Auf dieser Seite: Innenräume des römischen Sitzes der Fondazione Adriano Olivetti.

 

Adriano Olivetti

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Ein Gestalter der Zukunft

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Links:

Adriano Olivetti bei einer Wahlveranstaltung im Teatro Adriano in Rom am 27. März 1958 im Vorfeld der Parlamentswahlen vom Mai 1958.

Der überraschende Tod von Adriano Olivet- ti im Februar 1960 war nicht nur ein gefühls- mässiger Verlust, er bedeutete für eine gan- ze Gemeinschaft und ein äusserst komplexes kulturelles, soziales und politisches Projekt eine schmerzliche Lücke. Kurz nach seinem Tod beschlossen seine Angehörigen, Freun- de und engsten Mitarbeiter, ein Instrument zu schaffen, das seinen Reformbemühungen Dauer verleihen und sein Wirken, wenn auch in anderer Gestalt, weiter in die Zukunft tra- gen würde.

So wurde im Jahr 1962 die Fondazione Adria- no Olivetti gegründet. Diese Stiftung soll, wie in den ersten Artikeln der Satzung festge- legt, die Erinnerung an den Verstorbenen bewahren, das soziale und politische Enga- gement, das ihn auszeichnete, dokumentie- ren und weiter entwickeln und Studien an- regen, die das Wissen über die Vorausset- zungen für gesellschaftlichen Fortschritt vertiefen.

Gemäss diesem Auftrag unterstützt die Stif- tung Forschungsstudien und Aktivitäten zur Förderung von Kultur und Wissenschaft in den folgenden Themenbereichen: Staatli- che Institutionen und Gesellschaft, Wirt- schaft und Gesellschaft, Gemeinschaft und Gesellschaft sowie Kunst, Architektur und Urbanistik.

 

Seit ihrer Gründung verfolgt die Fondazione das Ziel, das umfangreiche kulturelle Erbe mit seinem enormen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Wert nicht nur zur Wah- rung der Erinnerung an Adriano Olivetti zu nutzen, sondern auch als kreatives Instru- ment zur Auseinandersetzung mit den He- rausforderungen unserer modernen Gesell- schaft.

Dabei agiert die Stiftung mit der reformeri- schen Strenge und Leidenschaft, wie sie für Olivettis Denken und Handeln typisch war, und hält die lebendigsten und autonomsten kulturellen Experimente weltweit im Blick. Es war stets und ist immer noch unser Wunsch, dass die Impulse im Werk von Adriano Olivetti zu neuen Initiativen anre- gen, die auf seinen Erfahrungen aufbauen und die wesentlichen Merkmale in den aktu- ellen Kontext setzen. Dies entspricht der re- formerischen Natur seines Projekts der Ge- meinschaft, das uns – aus Überzeugung und per Satzung – dazu verpflichtet, mit Hingabe

und Sorgfalt die Erinnerung an eine Ge- schichte zu bewahren, die eine Fülle von kul- turellen Werten und vor allem von Ressour- cen und Kompetenzen nicht nur für die ita- lienische Gesellschaft bereithält. Vor diesem Hintergrund organisiert und unterstützt die Stiftung im Rahmen ihrer satzungsgemäs- sen Tätigkeit – in Zusammenarbeit mit an- deren gemeinnützigen Institutionen und öf- fentlichen wie privaten Einrichtungen in Italien und im Ausland – Studien und For- schungsprojekte, sie initiiert und koordiniert Kongresse und Seminare und veranstaltet und betreut Ausstellungen.

 

Zu den wichtigsten Aufgaben der Fondazione Olivetti gehört die Förderung der wissen- schaftlichen Forschung, vor allem natürlich von Studien zum unternehmerischen, kultu- rellen und politischen Wirken von Adriano Olivetti. Die Standorte der Stiftung in Rom und (seit 2008) in Ivrea, wo der letzte Wohn- sitz von Adriano Olivetti genutzt wird, bieten italienischen und ausländischen Wissen- schaftlern die Möglichkeit, den umfangrei- chen Dokumentenapparat eines grossen Pa- pier- und Multimediaarchivs und einer mit über 10’000 Bänden ausgestatteten Biblio- thek zu nutzen. Beide Einrichtungen wurden vom italienischen Ministerium für Kultur als Kulturgüter mit grosser historischer Bedeu- tung eingestuft. Die verschiedenen Teile des Archivs enthalten unter anderem die private und geschäftliche Korrespondenz von Vater Camillo Olivetti, die besonders umfangrei- che Korrespondenz von Adriano Olivetti selbst und diejenige anderer Familienmit- glieder, das Archiv der in den Jahren 1946-47 von ihm gegründeten politischen Bewegung Movimento Comunità und des Verlags Edizio- ni di Comunità, die persönlichen Archive von Ludovico Quaroni und Georges Friedrich Friedmann und schliesslich das Archiv mit der Dokumentation der fünfzigjährigen Tä- tigkeit der Stiftung. In Rom sind die Privat- bibliotheken von Camillo und Adriano Oli- vetti untergebracht, die wegen der Qualität der darin enthaltenen Publikationen und we- gen ihres breiten wissenschaftlichen und kulturellen Nutzens für die italienische Kul- tur von grosser Bedeutung sind; ferner sämt- liche Veröffentlichungen der Edizioni di Co- munità und alle Jahrgänge der Zeitschrift Comunità, die Publikationen der Fondazione

 

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Adriano Olivetti

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Adriano Olivetti bei der Lektüre vor einem übervollen Büchergestell in seinem Haus im Stadtteil von Ivrea Villa Belliboschi. (Publifoto)

Olivetti von 1962 bis heute und alle Ausgaben der Schriftenreihe Quaderni della Fondazione. Darüber hinaus enthält die Bibliothek der Stiftung eine vollständige Sammlung aller Veröffentlichungen und akademischen Ar- beiten zur Person von Adriano Olivetti und zur Geschichte des Unternehmens und bietet damit einen einzigartigen Fundus an Quellen. Mit der Veröffentlichung ihrer traditionellen Schriftenreihe Quaderni della Fondazione in Zusammenarbeit mit den Edizioni di Comu- nità und anderen Verlagen ist die Stiftung auch publizistisch tätig. Seit 2008 wird darü- ber hinaus unter dem Titel Collana Intangibi- li eine Online-Schriftenreihe herausgegeben.

 

Die Fondazione Adriano Olivetti gehörte zu den ersten Mitgliedern des European Foun- dation Center und ist heute, fast fünfzig Jah- re nach ihrer Gründung, eines der langle- bigsten Institute dieser Art in Italien. Seit 1962 hat sie in Zusammenarbeit mit den wichtigsten europäischen und amerikani- schen Stiftungen zahlreiche Studien- und Forschungsprojekte initiiert und daran mit- gewirkt. Damit folgt sie einer Tradition der Kooperation bei gleichzeitiger Wahrung der eigenen Identität, die das Leben von Adriano Olivetti zu einem Beispiel für authentisches, konsequentes Engagement zur Förderung gemeinnütziger Tätigkeit nicht nur in Italien, sondern auch im Ausland gemacht hat.

 

* Laura Olivetti, Vorstandsvorsitzende der Fondazione Adriano Olivetti

Fondazione Adriano Olivetti

Via Giuseppe Zanardelli, 34 – 00186 Roma Tel. +39 06 683 40 16

www.fondazioneadrianolivetti.it

 

Club Amici della Fondazione Adriano Olivetti info@fondazioneadrianolivetti.it

 

 

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Ein Gestalter der Zukunft

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Aussenansicht des Sitzes der Fondazione Adriano Olivetti in Ivrea.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fotoquellen und Angaben zu den Zitaten im Zahlenteil und auf dem Umschlag

Die Zitate zu den Themenbildern im vorliegenden Jahresbericht wurden von Myriam Facchinetti ausgewählt. Sie stammen alle aus dem Band ADRIANO OLIVETTI, Città dell’Uomo, Edizioni di Comunità 1960.

Associazione Archivio Storico Olivetti, Ivrea: alle Miniaturbilder der  Werbeplakate  bei Zitaten und Themenbildern auf den Seiten 4-5, 8, 13 und 14.

 

Giovanni Berengo Gardin: Seiten 20, 28 und 36.

 

Quellenangaben zu den Fotografien im Kulturteil

Fondazione Adriano Olivetti, Rom: Seiten IV, VI, VII, VIII, IX, X, XI, XIV, XVI, XVIIIII, XXIII, XXXVI, XXXVII, XXXVIII, XXXIX, XL, XLII, XLIII, XLVII.

Associazione Archivio Storico Olivetti, Ivrea: Seiten I, II, V, XII, XIII, XV, XVII, XVIIII, XIX, XX, XXI, XXV, XXVI, XXVII, XXVIII, XXIX, XXX, XXXI, XXXIII, XXXIV, XXXV, XLIV, XLVI.

Sergio Libis: Seite XXII.

Danksagungen

Wir danken der Fondazione Adriano Olivetti in Rom und der Associazione Archivio Storico Olivetti von Ivrea für die wertvolle Mitarbeit und die zur Verfügung gestellten Dokumente.

 

Anmerkungen

Die Texte geben die Meinung der jeweiligen Autoren wieder; Banca Popolare di Sondrio (SUISSE) übernimmt diesbezüglich keine Haftung.

 

Banca Popolare di Sondrio (SUISSE) erklärt gegenüber den Inhabern von Rechten  an Bildern, deren Eigentümer nicht identifiziert oder ausfindig gemacht werden konnten, ihre Bereitschaft, den gesetzlichen Pflichten nach- zukommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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KONZEPT UND REALISATION

Myriam Facchinetti

 

TEXTREVISION

Andrea Paganini

Dozent, Schriftsteller, Direktor des Verlags “L’ora d’oro”

 

 

GRAFISCHE GESTALTUNG

Petra Häfliger

Lucasdesign, Giubiasco

 

 

ÜBERSETZUNG

Punto e Virgola

Zürich

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf der Umschlagrückseite: Werbeplakat für die Schreibmaschine M20, 1923 von Pirovano entworfen.